Presseecho zur "Schulsitzung"
Im Schulstreit gibt es keine Einigung
Die Abstimmung im Hettinger Gemeinderat über den Standort für die gemeinsame Schule ergibt ein Patt
Quelle: Schwäbische Zeitung / Ignaz Stösser
Bei der Abstimmung über den Schulstandort der Grundschule Hettingen-Inneringen gab es im Hettinger Gemeinderat einen Eklat. Beide Teilorte reklamierten die gemeinsame Schule für sich, und bei der Abstimmung gab es ein Patt. Inneringen ist im Gremium zwar mit sieben Räten vertreten und Hettingen nur mit sechs, aber Bürgermeisterin Dagmar Kuster votierte für Hettingen. Die Debatte drohte in einen heftigen Streit auszuarten, den man gerade noch abwenden konnte.
Begonnen hatte alles mit einem überraschenden Antrag: Der stellvertretende Bürgermeister aus Inneringen, Josef Lehleuter, beantragte, den Tagesordnungspunkt zum Schulstandort vorzuziehen, da viele Zuhörer anwesend waren, die sich offenbar alle hauptsächlich für dieses Thema interessierten. Bei der Abstimmung kam es schon mal zu einem Patt, weil die Inneringer Räte Lehleuter unterstützten und die Bürgermeisterin mit den Hettingern dagegen stimmte. Ein Antrag, der mit einem Patt beschieden wird, ist abgelehnt.
Zunächst verlas die Bürgermeisterin ein Statement, in dem sie die Argumente für und wider die beiden Standorte darlegte. Es waren hauptsächlich jene Argumente, die bereits in der Bürgerversammlung im Vorfeld dieser Sitzung zur Sprache kamen. Jetzt äußerte Kuster die Befürchtung, Hettingen könnte zum Industriestandort verkommen, darum sollte die Gemeinde mit der Schule gegensteuern. Sie kam zum Schluss, die gemeinsame Schule müsse in Hettingen stehen.
Die Inneringer Gemeinderäte hatten im Vorfeld der Sitzung eine gemeinsame Erklärung erarbeitet, die Gerhard Sprißler vortrug. In Inneringen sei schon seit Jahren unter der Mithilfe der Eltern gute pädagogische Arbeit geleistet worden. Die wichtigsten Einrichtungen für das gute Funktionieren der Schule, wie Schulgebäude, Kindergarten, Sporthalle, Sportplätze und Kirche, liegen nah beisammen. Außerdem gibt es in Inneringen attraktive Bauplätze für junge Familien, die man eventuell durch das gute schulische Angebot in die Gemeinde locken könnte. In Hettingen sei die städtebauliche Entwicklung wegen der Tallage sehr schwierig. Sprißer abschließend: „Eine Verpflanzung der Schule nach Hettingen wäre mit einem großen Risiko verbunden.“ Das gute Bildungsangebot, dass in einem langen Prozess erarbeitet worden sei, wäre in Gefahr. Die Inneringer Räte kamen zum Schluss: „Der zukunftsfähigere Standort ist Inneringen.“
Der Inneringer Gemeinderat Willi Gerbracht meinte, die Diskussion im Vorfeld der Sitzung sei „etwas fehlgelaufen“. Die Gemeinderäte hätten die Zahlen für Renovierungskosten der beiden Schulgebäude zu kurzfristig erhalten. Er zitierte aus dem Handbuch der Kommunalpolitik, wonach die Verwaltung einer Gemeinde gegenüber den Gemeinderäten immer einen Informationsvorsprung hätte und die Argumentationskette so aufbauen könne, wie sie das für richtig halte. Dabei kritisierte er, dass die Verwaltung die Diskussion auf Kosten und Gebäude reduziert hätte. Die sogenannten weichen Argumente, die für Inneringen sprächen, kämen zu kurz.
Dass diese Behauptung nicht ganz ohne ist, bewies dann der Beitrag von Herbert Businger. Er hatte eine Bildpräsentation erarbeitet, anhand derer er beweisen wollte, dass die äußeren Bedingungen in Hettingen – Gelände, Vordach zwischen Schule und Sporthalle, großer heller Eingangsbereich, Parkplätze auf dem Schulgelände – deutlich besser seien. Das Gebäude sei jünger und könnte mit weniger Aufwand zu einer modernen Schule umgebaut werden.
Als Businger die Worte „egoistisch“ und „unverantwortlich“ in dem Mund nahm, waren Tür und Tor für den emotionalen Teil der Debatte geöffnet. Beide Seiten appellierten aneinander, Niveau in der Diskussion zu bewahren. Aber die etwa 70 Zuhörer aus beiden Gemeinden brachten sich durch Zwischenrufe und Applaus ebenfalls in die Debatte mit ein und heizten die Stimmung noch mehr auf. Nach der missglückten Abstimmung kam man überein, in einer weiteren Sitzung zu beraten, wie es jetzt weitergehen soll. Das ist voraussichtlich im Januar der Fall.Die Baure von der Alb – wie die Hettinger die
Inneringer manchmal geringschätzig nennen – haben im Kampf um den Standort für
die gemeinsame Schule nicht nachgegeben. Sachlich wollte man die Argumente
abwägen, und beide Seiten hofften, der jeweils andere werde einsehen, dass die
Argumente des Gegenübers besser ziehen. Doch es gab kein Einsehen, weder hier
noch dort. Als die Diskussion begann, sich im Kreis zu drehen, warfen sich die
Räte gegenseitig vor, emotional zu reagieren. Das führte schnell dazu, dass man
ins alte Lagerdenken verfiel. Dass sich Bürgermeisterin Dagmar Kuster von
vorherein auf die Seite der Hettinger gestellt hat, ist wohl ihrem unerfahrenen
politischen Händchen zuzuschreiben. Ihre Haltung hat die Fronten noch mehr
verhärtet. Emotionale Sprüche kamen hauptsächlich von den Hettingern. So rief
Herbert Businger im Eifer des Gefechts den Inneringer Kollegen zu: „Akzeptiert
doch endlich, dass ihr zur Stadt Hettingen gehört!“ Solche Sprüche kommen in
dem größeren und kinderreicheren Inneringen wie ein Affront an. Und Hans-Walter
Wolf prophezeite, es würden tiefe Gräben aufgerissen, wenn die Schule nach
Inneringen komme. Zusätzlich schalteten sich die Hettinger Zuhörer immer wieder
mit Applaus und Zwischenrufen ein. Nun hat man wegen des Patts bei der
Abstimmung keinen Beschluss. Und die Gräben werden nicht erst bei einer
eventuellen späteren Entscheidung aufgerissen, sie sind bereits jetzt mit
dieser kontroversen Diskussion offen. Da hilft eigentlich nur eins: Das Thema
schnell wieder begraben – des lieben Friedens willen. Das bringt allerdings
andere Gefahren mit sich: Man könnte die nächsten sechs, sieben Jahre, die die
Schule wegen abnehmender Kinderzahlen voraussichtlich noch Bestand hat,
vielleicht mit dem doppelten Standort, der bisherigen Lösung, überbrücken. Aber
die pädagogische Arbeit würde leiden. Und die Frage ist einerseits, ob das
Schulamt mitspielt, und andererseits, ob man einen neuen Schulleiter findet,
wenn Siegfried Haule im nächsten Jahr in den Ruhestand geht. Und wenn nicht,
was dann?
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