Bürgerversammlung des Gemeindeverwaltungsverbandes
Auf der Karte mit den vier Laucherttal-Gemeinden sind die potenziellen Flächen für Windräder gelb eingezeichnet. Der Albrand bei Veringenstadt (rote Pfeile) soll freigehalten werden. Die schraffierten Kreise sind Schutzgebiete für unterschiedliche Greifvögel. Graphik: Büro Blaser
Windparkplaner nehmen neue Flächen ins Visier
Irgendwie
ist im Laucherttal der Wind zurzeit gerade etwas raus aus der
Windkraft-Diskussion. An der Bürgerversammlung, die der Verwaltungsverband am
Mittwoch in Hettingen veranstaltet hat, beteiligten sich deutlich weniger
Interessierte, als die Bürgermeister von Gammertingen, Hettingen, Veringenstadt
und Neufra erwartet hatten. Und das, obwohl man doch einige interessante
Informationen erwarten konnte. So war man neugierig, welche potenziellen
Standorte das Esslinger Ingenieurbüro Blaser im Auftrag des
Verwaltungsverbandes ausgesucht hat.
Es sind Flächen bei Freudenweiler, nördlich von Neufra, südlich von Kettenacker, zwei kleine Flächen bei Feldhausen, eine große Fläche östlich von Inneringen sowie relativ große Flächen auf der Anhöhe östlich von Veringenstadt. Festzustellen ist, dass die Fläche nördlich von Kettenacker nicht mehr als Standort in Betracht kommt. Rausgenommen wurde sie aber angeblich nicht wegen der Proteste einiger Kettenacker, die die Räder nicht so nahe an der Bebauung haben wollten, sondern aus Gründen des Naturschutzes. Dafür gibt es jetzt eine Fläche südlich von Kettenacker.
Ähnlich ist die Situation bei Inneringen. Die Überraschung des Abends war, dass
es den bisherigen geplanten Windpark nicht mehr geben wird. Zum einen wurde
bekannt, dass die Baugenehmigung der Firma Sowitec nach einer Verlängerung
abgelaufen ist, zum anderen erstreckt sich die neue Konzentrationszone bei
Inneringen nun nicht mehr nördlich, sondern östlich von Inneringen. Jetzt sind
nicht mehr die Anlieger der Im-Erschland- und Uhlandstraße in erster Linie
betroffen, sondern vor allem jene des Wohngebietes Dullenberg. Das Landratsamt
bestätigte gestern auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung, dass die Genehmigung
am 4. Oktober abgelaufen ist und keine weitere Verlängerung beantragt wurde.
Dass große Flächen auf der östlichen Anhöhe von Veringenstadt für die Windkraft
geeignet sein sollen, kommt einigermaßen überraschend. Doch die Flächen liegen
hauptsächlich im Wald, und die Talkante will man aussparen. Sie ist
kulturhistorisch und landschaftlich sehr wertvoll.
Der Gammertinger Bürgermeister Holger Jerg, der Verbandsvorsitzender ist, wies in seiner Ansprache darauf hin, dass die Flächen nach den gleichen Kriterien ausgesucht wurden. Der Verband könne sich eine Ungleichbehandlung gar nicht leisten, weil man im Falle einer Klage vor Gericht angreifbar wäre.
Dieter Blaser vom gleichnamigen Ingenieurbüro erklärte diese Kriterien. Man sei
von einer Windgeschwindigkeit von 5,5 Metern pro Sekunde in 140 Metern Höhe
ausgegangen. Nachdem dann mehrere Ausschlussfaktoren berücksichtigt wurden, wie
Siedlungen, Verkehr, Naturschutz, Vogelschutz, schrumpften die Flächen immer
mehr zusammen.
Der EnBW-Vertreter Jakob Huber sprach über die Schwierigkeiten, mit denen die Windenergienutzer im Binnenland zu kämpfen haben. Hier müsse man mit den Anlagen höher hinaus, um kräftigen Wind zu haben und den Turbulenzen in Bodennähe zu entgehen. Jakob Huber sprach über die Wirtschaftlichkeit der Anlagen, die erst bei einer Windstärke von sechs Metern pro Sekunde akzeptabel sei. Ebenso sprach der EnBW-Vertreter von Einspeisungsmöglichkeiten sowie von der regionalen Unterstützung und der Akzeptanz in der Bevölkerung.
Vorsicht ist geboten
Mit der Windkraft lässt sich im Laucherttal weder das schnelle noch das große
Geld machen. Der Wind weht einfach zu schwach und nicht oft genug. Das wissen
alle Beteiligten, aber man muss ja den gesetzlichen Vorschriften Genüge tun und
sogenannte Konzentrationszonen ausweisen. 5,5 Meter pro Sekunde weht er auf den
besten Flächen, die das Büro Blaser ausgesucht hat. Experten sagen jedoch,
Windkraftanlagen arbeiten erst bei einer Windgeschwindigkeit von sechs Metern
einigermaßen wirtschaftlich. Das macht auch der EnBW-Fachmann Jakob Huber
deutlich, der bei der Bürgerversammlung in Hettingen dabei war. Auf die Frage
eines Zuhörers, ob das Lauchttal für die EnBW denn interessant sei, meinte er,
die EnBW investiere nur, wenn die Rendite stimme. Die Tatsache, dass die EnBW
die Windanlagen selbst nutzen will und sie nicht an Investoren weitergibt,
machte den Mann glaubwürdig. Vorsicht ist also geboten. Private Investoren
sollten die Windverhältnisse und alle sonstigen Bedingungen genau untersuchen,
bevor sie ihr Geld ausgeben. Zögern und genau prüfen heißt die Devise auch für
Anleger, die sich in irgendeiner Form an einem Windpark beteiligen möchten. Der
EnBW-Fachmann empfiehlt, erst zu investieren, wenn die Anlage läuft und die
Rendite gesichert ist. Bei vorschnellem Handeln könnte man besonders im
Laucherttal schnell auf die Nase fallen.
Rotmilan genießt größeren Abstand als der Mensch
Auf dem Podium sitzen neben den Laucherttal-Bürgermeistern auch der Vertreter des Ingenieurbüros Dieter Blaser (Vierter von links) und der EnBW-Vertreter Jakob Huber (Fünfter von links).
In der Diskussionsrunde melden sich hauptsächlich Skeptiker und Kritiker zu Wort„Gibt es überhaupt Interessenten, die Windräder in der Region bauen möchten“, fragte ein Besucher. Der Gammertinger Bürgermeister Holger Jerg meinte, es gebe keine wesentliche Schlange bei den Rathäusern. Dann berichtete er von mehreren Interessenten, die sich beim Landratsamt gemeldet haben. Einer davon möchte beispielsweise bei Kettenacker einige Windräder bauen. Zwei Äcker besitzt der Mann aus einem anderen Landkreis selbst, einen weiteren hat er in den vergangenen Monaten hinzugekauft.
Quelle: Schwäbische Zeitung
In diesem Zusammenhang sagte Jerg, dass der Verwaltungsverband aber nicht bereit sei, die Bestimmungen bezüglich der Standorte aufzuweichen, um dem einen oder anderen Investor entgegenzukommen. Er wisse aber, dass es in Stuttgart Überlegungen gebe, die Vorgaben abzuändern, wenn das politische Windkraftziel nicht erreicht werde. Ziel ist es, bis 2020 zehn Prozent mehr Energie aus erneuerbaren Ressourcen zu gewinnen. Dafür müssten in Baden-Württemberg 170 bis 180 neue Anlagen pro Jahr gebaut werden.
Ein Mann aus Kettenacker beklagte, dass es in Deutschland Tier- und Naturschutz gebe, aber keinen Menschenschutz. Er ziehe den Hut vor einem anderen Bürgermeister im Landreis, der mit dem Gemeinderat beschlossen habe, Windanlagen nur dann zuzulassen, wenn sie einen Mindestabstand von 1200 Meter zur Bebauung aufweisen.
Verband muss sich an bestehende rechtliche Bestimmungen halten
Bürgermeister Jerg bedauerte, dass dem Rotmilan ein Abstand von 1000 Metern zu seinem Horst eingeräumt werde, dem Menschen aber lediglich 700 Meter zustünden. Doch es gebe keine anderen gesetzlichen Bestimmungen und darum müsse sich der Verband an die bestehenden halten. Nur so sei das Planwerk rechtlich abgesichert. „Wir müssen es so umsetzen, weil es politischer Wille ist“, betonte auch der Neufraer Bürgermeister Jürgen Beck.
Eine weitere Frage zielte auf die Netzplanung in der Region ab. Um eine Windanlage wirtschaftlich zu betreiben, muss auch die Möglichkeit bestehen, den erzeugten Strom entsprechend in das Stromnetz einzuspeisen. Das geht in der Regel nur über ein Umspannungswerk. Ein solches gibt es aber in unmittelbarer Nähe zu den Laucherttal-Gemeinden nicht. Die nächsten sind in Winterlingen und in Trochtelfingen. Jakob Huber von der EnBW gab zu, dass diese Tatsache ein zusätzliches Problem bei der Nutzung der Windkraft im Laucherttal darstelle. Eine Leitung bis nach Winterlingen zu bauen lohne sich vielleicht für zehn Windräder, aber keineswegs für eines. Er ließ durchblicken, dass die EnBW selbst kein Umspannungswerk fürs Laucherttal plane.
Der EnBW-Vertreter zeigte eine Karte mit den Windverhältnissen in Baden-Württemberg. Sie machte deutlich, dass es auf der Ostalb und in der Ulmer Gegend deutlich bessere Bedingungen als rund um das Laucherttal gibt. Das veranlasste einen Gammertinger Zuhörer zu fragen, ob der Verwaltungsverband Gammertingen für die EnBW denn überhaupt interessant sei. Es gäbe doch weit interessantere Flächen. Bürgermeister Jerg erklärte, das ganze Land werde überplant. Er und der EnBW-Vertreter mahnten dann potenzielle Investoren zur Vorsicht.
Der Inneringer Thomas Klupp betont in Diskussionen schon seit Jahren, dass der
Wind bei Inneringen zu schwach ist. Nun geben auch Fachleute dies zu.
Interview
„Da müssten wir ja schon selber pusten“
Bürgermeister Werner Gebele (Langenenslingen) äußert sich zur möglichen
Windkraftzone bei Inneringen
Die Planungen für die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes in den
Laucherttal-Gemeinden sehen vor, östlich von Inneringen eine Konzentrationszone
für die Windkraft einzurichten. Das würde auch die Langenenslinger Teilgemeinde
Ittenhausen jenseits der Kreisgrenze betreffen. SZ-Redakteur Ignaz Stösser
fragte bei Bürgermeister Werner Gebele nach, wie seine Gemeinde darauf reagieren
will.
SZ: Herr Gebele, was würden denn die Ittenhauser dazu sagen, wenn zweieinhalb
Kilometer vor ihrem Ort Windräder gebaut werden?
Gebele: Die Ittenhauser sagen derzeit dazu gar nichts, weil sie von den Planungen noch nichts wissen. Wenn Inneringen das vorhat, werden wir um eine Stellungnahme gebeten. Ich gehe nicht davon aus, dass wir als Gemeinde etwas dagegen haben werden. Im Gemeinderat steht man der Windkraft offen gegenüber. Wie die Bevölkerung in Ittenhausen reagieren würde, weiß ich nicht. Allerdings glaube ich, die Ittenhauser werden sich damit nicht auseinandersetzen müssen, denn hier ist aus unserer Sicht nicht genügend Wind.
SZ: Was wissen Sie denn Näheres über die Windverhältnisse in dieser Ecke?
Gebele: Laut Windatlas liegt die Geschwindigkeit unter sechs Meter pro Sekunde.
Da müsste man ja schon selber pusten, damit sich das lohnt. Und dazu haben wir
keine Zeit. Doch Spaß beiseite: In Dürrenwaldstetten gibt es an einigen Stellen
Windgeschwindigkeiten von über sechs Meter. Hier sind allerdings die Flächen
nicht groß genug, um etwas Vernünftiges zu realisieren.
SZ: Gibt es denn Anfragen von Investoren bei Ihnen?
Gebele: Vor einigen Jahren wollte ein Privater ein Windrad bei Ittenhausen in Richtung Gammertingen aufstellen. Doch das scheiterte aus Naturschutzgründen. Aktuell haben wir für Ittenhausen jedoch keine Anfragen.
SZ: Schreibt Ihre Gemeinde zurzeit den Flächennutzungsplan auch fort, so wie das beim Verwaltungsverband Laucherttal geschieht?
Gebele: Im Augenblick gibt es keine derartigen Bemühungen. Wir gehören ja dem Regionalverband Donau-Iller an, und da schafft ein Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Bayern eine andere Rechtslage.
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