Bürgermeisterwahl
Pressebericht zur Kandidatenvorstellung
Vergleichsweise ausgewogen berichtet die "Schwäbische" von der Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl.
Quelle: Schwäbische Zeitung / Ignaz Stösser
Der
stellvertretende Bürgermeister Wilfried Liener (Zweiter von rechts) hält den
Kandidaten ein Körbchen hin mit den Losen für die Reihenfolge ihrer Auftritte.
Weiter im Bild von links: Andreas Kammerer, Dagmar Kuster und ganz rechts Rolf
Pfaff. Foto: Ignatz Stösser
Hettingen - Dagmar Kuster sagt: „Sie zuerst, Sie sind
der erste Bewerber.“ Doch Rolf Pfaff meint: „Ich lasse der Dame den Vortritt.“
Genutzt hat es ihr aber nicht, denn die Bürgermeisterkandidatin fischt aus dem
Körbchen, das ihr der stellvertretende Hettinger Bürgermeister Wilfried Liener
hinhält, das schlechteste Los. Sie muss die Inneringer Albhalle verlassen und
etwa eine Stunde auf ihren Auftritt warten. Andreas Kammerer muss ebenfalls
warten, aber nur etwa eine halbe Stunde, denn er darf sich als zweiter Kandidat
den Inneringern und Hettingern in der vollen Turn- und Festhalle präsentieren.
Die Kandidaten haben 15 Minuten Zeit für ihre Präsentation und 15 Minuten, um
Fragen aus dem Publikum zu beantworten.
Pfaff beginnt
Der
Gammertinger Rolf Pfaff (57) beginnt. Man merkt es sofort: Der selbstständige
Unternehmer, der im Bereich „Coaching, Training, Consulting“ tätig ist, ist
routiniert. Ihm fällt es leicht, Vorträge zu halten. Rhetorisch gewandt wirft er
Fragen auf und beantwortet sie. Doch in den Antworten bleibt er vage.
Absichtlich, wie er sagt, denn die Antworten will er, falls er gewählt werden
sollte, mit den Bürgern erarbeiten. Gemeinsam werde man das „Navigationssystem
für die Zukunft“ programmieren.
Zunächst gelte es zu sehen, wo man stehe,
dann könne man auch entscheiden, wohin man gelangen wolle. Den zentralen Punkt
in seinem Verständnis vom guten Bürgermeister umschreibt Rolf Pfaff so: „Ich bin
fest davon überzeugt, der Bürgermeister einer so kleinen Gemeinde wie Hettingen
muss nicht Verwalter sein, sondern aktiver Gestalter.“ Er lobt die gute Arbeit
der Hettinger Verwaltung und sieht seine hauptsächlichen Aufgaben als
Bürgermeister darin, Visionen zu entwickeln. Als Themenbereiche nennt er Kinder,
Jugendliche, junge Familien und Senioren.
In der Fragerunde wird er dann
gefragt, was er denn mit seinem Unternehmen mache, wenn er gewählt werde. Der
Job des Bürgermeisters sei ein Fulltimejob. Pfaff versichert, die Weichen seien
gestellt. Ein anderer Bürger fragt nach den Visionen des Kandidaten für die
Gemeinde; er habe keine heraushören können. Rolf Pfaff nennt eine: Er wolle
Menschen, die in den Ruhestand treten, helfen, sich selbstständig zu machen.
Weitere Visionen will der Kandidat in seinen Wahlveranstaltungen erläutern.
Kammerer ist gelassen
Dann stellt sich Andreas
Kammerer das Mikrophon höher. Der 34-jährige Ortsvorsteher von Hausen bei
Burladingen und Arbeitsvermittler eines Jobcenters ist hochgewachsen. Er
klammert sich etwas nervös an sein Manuskript und kommt dem Mikro so nahe, dass
man manches Wort nicht versteht. Die Rede ist jedoch durchdacht und gut
strukturiert. Die Inhalte strahlen Gelassenheit aus: „Wer erfolgreich
Kommunalpolitik machen will, muss nicht jeden Tag das Rad neu erfinden“, sagt
der Kandidat.
Kammerer hat seine Hausaufgaben gemacht. Er wisse, dass die
Gemeinde über eine gute Infrastruktur verfüge, und darauf wolle er als
Bürgermeister aufbauen. Dann nennt er die „Bausteine“: Er werde eine aktive
Familienpolitik machen, wobei es gelte, die Angebote in Kindergarten und Schule
weiter auszubauen. Beispielsweise könne er sich eine Mensa vorstellen, die in
Kooperation Schule-Verein betrieben werde. Ferner will Andreas Kammerer sich um
die Belebung der Ortsmitte bemühen. Er lobt die Vereinsarbeit in der Gemeinde
und macht deutlich, dass er sie schätzt. Dann geht’s um Bauland für Familien und
neue Gewerbebetriebe, um die Gewerbesteuer, um Arbeitsplätze, um Gemeinsamkeiten
zwischen Hettingern und Inneringern, um die Lauchert als Naherholungsgebiet und
vieles mehr.
Kammerer wird gefragt, wie er mit Leerständen in der
Ortsmitte umgehen will und zeigt Erfahrung: „Eine Patentlösung gibt es nicht,
aber wir müssen ständig dran bleiben.“ Punkten kann er bei der nächsten Frage.
Jemand wollte wissen, ob Hettingen für ihn ein Sprungbrett sei. Nein, sagt er,
er wolle nahe am Bürger sein, und Hettingen habe dafür genau die richtige Größe.
Er versprach zu bleiben.
Kuster setzt auf Kommunikation
Dann wird
das Mikro wieder etwas weiter nach unten verstellt. Dagmar Kuster (48) strahlt
in die Menge, sagt zwar, dass sie aufgeregt sei, aber das merkt man ihr kaum an.
Mit einigen wenigen Versprechern geht die Hauptamtsleiterin von Jungingen, die
in Burladingen Gemeinderätin und Bürgermeisterin ist, souverän um. Sie
bezeichnet den Bürgermeister-Job als die schönste Aufgabe, die sie sich
vorstellen könne, und verspricht, im Falle ihrer Wahl zwei Amtsperioden zu
bleiben.
Kuster meint, die Kommunikation sei der Schlüssel zum Erfolg,
und kommt dann auch schon zu den „anstehenden Aufgaben“. Davon fallen der
Kandidatin jede Menge ein. Zustimmung erhält sie, als sie verspricht, über die
Höhe der Kindergartenbeiträge nachdenken zu wollen. Dagmar Kusters Ansprache
klingt so wie die Neujahrsrede eines gewieften Bürgermeisters: Sie streift alle
relevanten Themen einer fundierten Kommunalpolitik, von der Ortskernsanierung
über die Verbesserung der Infrastruktur bis hin zum sanften Tourismus und zum
Ehrenamt, das sie zu schätzen wisse.
Als ihr die Frage nach der
Umsetzung des Inneringer Windparks gestellt wird, findet sie eine Antwort, die
den Fragesteller zufrieden stellt: Falls die Firma bauen wolle, müsse man das
Ganze neu überdenken. Doch bei der nächsten Frage muss die Kandidatin etwas
zugeben, was ihr zum Nachteil gereichen könnte. Ob sie denn bereit wäre, für den
Kreistag zu kandidieren, wurde sie gefragt.
Die Antwort: „Geht nicht,
weil ich in einem anderen Landkreis wohne.“ Und schnell fügt sie hinzu: Es gebe
Möglichkeiten, das auszugleichen. Insgesamt fällt auf, Dagmar Kuster findet
viele Antworten, die den Hettingern und den Inneringern
zusagen.
Nachstehend noch einige Bilder des Abends:
Rappelvoll war die Albhalle.
Sogar auf der Galerie mussten Stühle aufgestellt werden.Bürgermeisterstellvertreter Wilfried Liener konnte sich bei der Begrüßung zurecht eine Spitze gegen die Schwäbische Zeitung nihct verkneifen. HIerüber hat das Blatt (wen wundert's) nicht berichtet.
Rolf Pfaff bei seinem Vortrag.
Er war der einzige Bewerber, den der Gemeindewahlausschuss darauf hinweisen musste, dass seine Redezeit abgelaufen ist.
Andreas Kammerer begann seine Rede sichtlich nervös, mit der Zeit wurde er aber zunehmend sicherer.
Dagmar Kuster wirkte souverän, konnte aber die verständliche Nervosität nicht immer verbergen.
Mehrere Bürger nutzten die Möglichkeit, Fragen an die Bewerber zu stellen.
Bei der After-Show-Party im Narrenheim wurden die gewonnenen Eindrücke gründlich diskutiert.
Fazit:
Die offizielle Kandidatenvorstellung
war sicher keine "steife Angelegenheit", wie es die Lokalzeitung
befürchtete. Vielmehr war es eine gute Gelegenheit, um sich ein Bild
über die Bewerber zu machen.
Erfreulich: Das Unwort des Jahres 2010,
"alternativlos", kann für vieles gelten, nicht aber für die
Bürgermeisterwahl in der Stadt Hettingen. Die Wahlberechtigten haben
eine echte Wahl, spannend wird nicht nur sein, wer die Nase am Abend
des 5. Februars vorne haben wird, sondern auch, ob es an diesem Abend
schon eine Entscheidung geben wird. Möglich scheint dies.
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