Gemeinderatssitzung zur Schulfrage

Gemäßigtes Presseecho

Angemessen moderat berichtete die Schwäbische Zeitung über die Gemeinderatssitzung am Mittwoch. Dies ist sicher auch richtig, nach den Aufregungen der letzten Tage und Wochen sollten Inneringer wie Hettinger die Sache wieder etwas tiefer hängen und zum Tagesgeschäft zurückkehren.

Hier die Berichterstattung im Wortlaut:

Zusammenlegung

Falsche Zahlen: Die Schulen bleiben

HETTINGEN - Mit einem unerwarteten Paukenschlag hat der Hettinger Bürgermeister Stefan Bubeck am Dienstagabend die mit Spannung erwartete Gemeinderatssitzung eröffnet: Keiner der beiden Teilorte muss auf seine Schule verzichten. Eine Zusammenlegung, die in dieser Sitzung beschlossen werden sollte, ist nicht nötig.

Von unserem Redakteur Ignaz Stösser

„In Hettingen kommen im nächsten Schuljahr elf Kinder mehr zur Schule als erwartet und in Inneringen eines“, machte Bürgermeister Stefan Bubeck in der Sitzung deutlich. Bubeck musste in der voll besetzten Hettinger Turn- und Festhalle zugeben, dass die Zahlen, von denen er im Hinblick auf die Zusammenlegung der beiden Schulen ausgegangen ist, nicht stimmen.

Der Bürgermeister entschuldigte sich bei dem Hettinger Gemeinderat Hans-Walter Wolf, der in der Bürgerversammlung in Inneringen auf die falschen Zahlen hingewiesen hatte. Zwischen den beiden hatte sich ein kleiner polemischer Schlagabtausch entwickelt.

Dadurch, dass die Hettinger Schule nun im kommenden Schuljahr statt 32 Schüler über 43 verfügen wird, rutscht keine der beiden Schulen unter die Grenze von 40 Kindern, die eine Grundschule braucht, um noch genügend Lehrer für einen Unterricht ohne Abstriche zu bekommen. Inneringen wäre mit seinen 53 beziehungsweise nun 54 Kindern ohnehin nicht in diese Gefahrenzone geraten.

Bubeck nannte drei Gründe für den Lapsus, der ihm unterlaufen ist: Vom Unterricht zurückgestellte Kinder tauchen weder in der Schul- noch in der Kindergartenstatistik auf. Außerdem bringe auch der Kann- und der Muss-Termin für die Einschulung einiges durcheinander, ebenso die Zu- und Wegzüge von schulpflichtigen Kindern aus der Gemeinde.

In der Diskussion suchte Bernhard Stauß die Schuld beim Fachbereich Schule im Landratsamt, doch der anwesende Vertreter dieser Behörde, Dieter Giehmann, wies diesen Vorwurf energisch von sich. Man sei angewiesen auf die Zahlen, die aus der Gemeinde geliefert werden. Warum die Zahlen nun innerhalb der Gemeinde schlecht zirkuliert sind, war gestern nicht eindeutig zu klären.

Unbefriedigende Situation

Der Inneringer Gemeinderat Hans Kempf brachte dann in der Diskussion die Lage auf den Punkt: „Wir stehen heute nicht im besten Licht da.“ Das Thema habe die Menschen in beiden Ortsteilen sehr aufgewühlt. Und Franz Flöß (Inneringen) fügte hinzu: „Befriedigend ist das nicht.“ Der stellvertretende Bürgermeister Wilfried Liehner (Hettingen) kritisierte Bürgermeister Bubeck für seine Haltung bei der Bürgerversammlung in Inneringen, die nicht objektiv gewesen sei. Er stellte klar, dass die Präsentation in Inneringen Sache der Verwaltung und nicht des Gemeinderats gewesen sei.

Herbert Businger (Hettingen) schlug vor, Tage der offenen Tür in den Schulen zu organisieren, damit sich Eltern ein Bild von den Schulen machen können. Er war der Ansicht, die Gemeinde müsse in den kommenden Jahren durch Investitionen beide Schulen auf ein gutes Niveau bringen. Henriette Steinle (Hettingen) warnte davor, den gleichen Fehler nochmals zu machen. Jetzt habe man genügend Zeit, die in den kommenden Jahren unumgängliche Zusammenlegung besser vorzubereiten.

Bürgermeister Bubeck bat abschließend alle, mitzuhelfen, die derzeitige Situation möglichst schnell zu überwinden.

 

Stefan Bubeck über die falschen Zahlen und die Zukunft der beiden Schulen

Bildungshaus soll helfen, beide Schulen langfristig zu erhalten

HETTINGEN - Vor allem zwei Fragen stellen sich nun den Hettingern und Inneringern: Wie kam es zu den falschen Zahlen? und: Was bringt die Zukunft? Die „Schwäbische Zeitung“ sprach darüber mit Bürgermeister Stefan Bubeck.

Von Ignaz Stösser

Ist Ihnen bei den Schülerzahlen tatsächlich ein Lapsus unterlaufen oder war das ein Rückzugsgefecht, weil die Emotionen doch zu hoch gegangen sind?

Bubeck: Genau genommen ist weder das Eine noch das Andere zutreffend. Aufgrund neuer Erkenntnisse bezüglich der künftigen Schülerzahlen und der Zuweisung an Lehrerstunden für die beiden Grundschulen hat sich ein neuer Sachverhalt ergeben. Wäre es bei den bisher bekannten Zahlen geblieben, hätte der Gemeinderat wahrscheinlich – aufgrund falscher Tatsachen – einen rechtswidrigen Beschluss zur Zusammenführung beider Grundschulen an einem Standort gefasst. So wurde letztlich in letzter Sekunde die Notbremse gezogen.

Wie konnte solch ein Panne passieren?

Bubeck: Der Stadtverwaltung lagen bis wenige Stunden vor der entscheidenden Gemeinderatssitzung leider falsche Zahlen hinsichtlich der Schülerentwicklung vor. Die Schulen müssen einmal jährlich im April ihre Schülerzahlen für das kommende Schuljahr der unteren Schulbehörde melden. Nach dieser Meldung ergeben sich aber noch häufig Veränderungen. So waren es vier Kinder, die bei der letzten Einschulung zurückgestellt wurden, vier Kinder, die nicht eingeschult werden müssen, aber können (Stichtagsregelung) und drei Zuzüge, die nicht statistisch erfasst wurden und letztlich die Differenz von elf Schülern ergaben. Mit Ausnahme der Zuzüge konnte die Stadtverwaltung leider keine Kenntnis von den Abweichungen haben. Die ursprünglich vorgelegten Zahlen wurden vor der Bürgerversammlung im Rahmen einer internen Abstimmung von den Beteiligten (Schulen & Schulbehörde) als korrekt bestätigt.

Warum haben Sie die Zahlen nicht früher überprüft? Angeblich hat Sie der Hettinger Gemeinderat Hans-Walter Wolf auch schon vor der Bürgerversammlung in Inneringen darauf hingewiesen, dass die Zahlen nicht stimmen.

Bubeck: Im Vorfeld der Bürgerversammlung kamen einige Gerüchte und Spekulationen auf. Es kursierten unzählige unterschiedliche Zahlen hinsichtlich der Schülerentwicklung. Stadtrat Wolf hat die vorgelegten Zahlen bereits sehr früh in Frage gestellt. Er hat der Stadtverwaltung aber nicht konkret aufgezeigt, woraus die Differenz resultiert. Erst nachdem seitens der Verwaltung die Statistik nochmals namentlich Kind für Kind überprüft wurde, kam die Differenz zu Tage.

Wie groß sind die Chancen, dass nun beide Schulen in das Förderprogramm „Bildungshaus“ aufgenommen werden?

Bubeck: Die Stadt Hettingen wird voraussichtlich mit einem Bildungshaus in das Modellprojekt des Landes aufgenommen. Die damit verbundenen zusätzlichen zwölf Anrechnungsstunden für das Lehrpersonal sollen anschließend auf beide Standorte paritätisch verteilt werden, so dass wir zwei Bildungshäuser einrichten können. Ein vergleichbares Modell mit zwei Grundschulstandorten wurde bereits in Tübingen eingerichtet. Wir wollen damit beiden Gemeinden die Möglichkeit geben, ihre qualitativ hochwertigen Bildungs- und Betreuungsangebote weiter zu optimieren. 

Jetzt ist der Kelch nochmals an den Hettingern und Inneringern vorbeigegangen. Was schätzen Sie, wann muss die Gemeinde dann trotzdem auf eine Schule verzichten?

Bubeck: Jetzt einen Zeitpunkt einer Zusammenführung beider Schulen zu benennen, wäre reine Spekulation. Ich habe die Hoffnung, dass sich die qualitative Verbesserung der Angebote mit der Einrichtung eines Bildungshauses herumspricht und mittelfristig zu einer erhöhten Nachfrage auch aus den Umlandgemeinden führt. Dadurch könnten die Schülerzahlen stabilisiert und beide Grundschulen langfristig erhalten werden. Im Bildungshaus in Bad-Wurzach hat sich diese erhöhte Nachfrage jedenfalls eingestellt.

Wie geht es Ihnen persönlich mit der jetzigen Situation und wie soll es weitergehen?

Bubeck: In den letzten Tagen war ich sehr vielen Anfeindungen ausgesetzt. Leider musste ich auch einige menschliche Enttäuschungen von Personen, denen ich bisher großes Vertrauen und Respekt entgegengebracht habe, hinnehmen. Dies hat mich physisch und psychisch sehr stark belastet. Ich habe stets versucht, objektiv zu bleiben, was mir aufgrund der teilweise unsachlichen Stimmung, die sich in beiden Teilorten entwickelte, nicht immer leicht viel. Ich möchte deshalb diese Gelegenheit auch dazu verwenden, jenen Personen, die mir Mut und Zuversicht zusprachen, sehr herzlich zu danken. Für die Zukunft hoffe ich, dass sich die Ereignisse der letzten Wochen nicht negativ auf die künftige Entwicklung der beiden Gemeinden auswirken werden.

Randnotiz

Gemütslage pendelt von Skepsis bis Grausen

Sehr mannigfaltig schillert die Gefühlspalette der Hettinger und Inneringer nach dem Debakel um die Schließung einer der beiden Grundschulen in der Gemeinde. Zunächst war Staunen angesagt. Die rund 500 Hettinger und Inneringer trauten ihren Ohren nicht, als ihr Bürgermeister zugab, von falschen Zahlen ausgegangen zu sein. In die Skepsis mischten sich bald Freude und Glück darüber, dass keiner der beiden Teilorte nun auf seine Schule verzichten muss. Dann gesellten sich auch Wut und Scham dazu. Wie kann man sich nur so blamieren?, fragt man sich im Laucherttal und auf der Alb. Wer hat hier gepennt? Furcht macht sich breit, nun zum Gespött im gesamten Landkreis zu werden. Manche versuchen es hingegen mit Humor: Zumindest biete diese Geschichte nun genügend Stoff für die Fasnet, heißt es. Das wäre auch alles gut und recht, wenn die kritische Situation nun wirklich vom Tisch wäre. Aber sie ist nur um ein paar Jahre hinausgeschoben. Die Hoffnung keimt bei manchen auf, dass die Schülerzahlen stabil bleiben oder sogar wachsen. Realistisch ist dies nicht. Darum denken andere mit Entsetzen daran, wie es sein wird, wenn die Schülerzahlen hier oder dort dann doch unter die magische Zahl von 40 rutschen. Dann geht der Streit von vorne los. Die Gemeinde Gutenzell-Hürbel in Kreis Biberach hat vorgemacht, was auch Hettingern und Inneringern blühen kann: Ein jahrelanger erbitterter Streit, in den die Kinder miteinbezogen werden. Eltern sehen es mit Grausen. Die Gemütslage ist alles andere als rosig. Ignaz Stösser

 

Die Originalartikel gibt es hier.

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