Presseecho zur Bürgerversammlung

Gefühlter Vorteil für Inneringen

Zumindest einen gefühlten Vorteil für den Standort Inneringen hat die Schwäbische Zeitung in Ausübung ihres Pressemonopols vermeldet. Ob sich dieses Gefühl bestätigt zeigt die Beschlussfassung im Gemeinderat am 20. November

Hier die Berichterstattung im Wortlaut:

Zerreißprobe

Beide Teilorte beanspruchen gemeinsame Schule für sich

HETTINGEN - Hettingen und Inneringen stehen vor einer Zerreißprobe. Die beiden ebenbürtigen Teilorte, die sich bisher alle infrastrukturellen Einrichtungen in doppelter Ausführung geleistet haben, müssen sich jetzt für eine gemeinsame Schule entscheiden. Und die beansprucht jeder Ort für sich. Am Freitag fand dazu eine Bürgerversammlung statt.  

Von unserem Redakteur Ignaz Stösser

Das Interesse an dem Thema war riesengroß, die Inneringer Turn- und Festhalle war fast voll besetzt. Bürgermeister Stefan Bubeck, der die Brisanz des Themas natürlich kennt, hatte sich gründlich vorbereitet und gleich mehrere Fachleute eingeladen. Zu Gast waren der Leiter des Fachbereichs Schule im Landratsamt, Walther Paape, und sein Kollege Dieter Giehmann, die Kindergartenbeauftragte des Landkreises, Renate Fischer-Kuhn, sowie die beiden Schulleiter Hans Fecht (Hettingen) und Siegfried Haule (Inneringen).

Auslöser der ganzen Problematik sind die sinkenden Schülerzahlen in den beiden Teilorten der Gemeinde Hettingen. „Jeder dritte junge Mensch kehrt unserer Gemeinde den Rücken“, sagte Bubeck. Vor allem das wirke sich dann auch auf die Schülerzahlen aus. Im laufenden Schuljahr gibt es in Hettingen 36 Schüler und in Inneringen 51. Doch schon im Schuljahr 2013/14 wird Hettingen nur noch 26 Grundschüler zählen und Inneringen 33. Das ist zu wenig. Bubeck rechnete vor, dass mindestens 40 Schüler nötig seien, um eine Grundschule fachgerecht zu betreiben. Zusammen würde es also für eine stattliche Schule reichen. Diese könnte dann auch in das Modellprojekt des Landes mit dem Namen Bildungshaus aufgenommen werden. Das haben dem Bürgermeister beim CDU-Kreisparteitag gleich zwei Ministerinnen öffentlich versprochen: Bundesbildungsministerin Annette Schavan und die Landesumweltministerin Tanja Gönner.

Doch die Einigung, welcher Ort künftig Standort der gemeinsamen Schule sein soll, fällt schwer. Das machte am Freitagabend schon die Sitzordnung in der Inneringer Halle deutlich: Die Hettinger saßen auf der einen Seite des Mittelganges, die Inneringer auf der anderen. Nur wenige wagten sich ins „feindliche Lager“. Und hinter den Kulissen werden kräftig die Strippen gezogen. Bubeck sprach in der Versammlung von zahlreichen Gerüchten, die in Umlauf gebracht werden. So soll ein Hettinger Unternehmer gesagt haben, er richte für die Hettinger Kinder lieber auf eigene Kosten eine Buslinie nach Gammertingen ein, als mitansehen zu müssen, dass die Schule in Inneringen entstehe. Aber auch in Inneringen gönnt man den Hettingern die Schule nicht und droht damit, die Kinder nach Veringenstadt zur Schule zu schicken. Und es gibt sogar Überlegungen, lieber gar keine Schule zu akzeptieren, als sie dem anderen zu gönnen.

Fünf Varianten

Bubeck bat am Freitag eindringlich darum, statt Emotionen zu schüren, die Vernunft walten zu lassen und stellte drei mögliche Varianten für den Schulunterricht in der Gemeinde vor: Erstens die Gemeinde verzichtet auf eine Schule, und die Hettinger Kinder gehen nach Gammertingen und die Inneringer nach Veringenstadt; zweitens man bildet eine gemeinsame Schule und im anderen Ort eine Außenstelle; drittens man einigt sich auf eine gemeinsame Schule. In der Diskussion wurden noch zwei weitere Varianten auf den Tisch gebracht: Man belässt beide Schulen und unterrichtet zwei Klassen hier und die anderen beiden dort, sowie: Man behält beide Schulen und hält den gesamten Unterricht eine bestimmte Zeitspanne hier und dann dort.

Schnell machten die Fachleute aber klar, dass die Modelle zwei, vier und fünf nur unter Qualitätseinbußen beim Unterricht umzusetzen wären. „Da verpufft zu viel Energie“, sagte beispielsweise Schulleiter Haule. Und das will keiner, wie in der Diskussion deutlich wurde. Schulbereichsleiter Paape wies darauf hin, dass die Anzahl der Lehrerstunden nach der Anzahl der Schüler berechnet werde. Darum sei es sinnvoll, stabile Größen zu schaffen, betonte er.

Vieles muss berücksichtigt werden

Von der Notwendigkeit einer Zusammenlegung ließen sich die Hettinger und Inneringer noch überzeugen, doch die schwierige Frage war, wo soll diese „stabile Schule“ entstehen. Bubeck hatte eine Graphik vorbereitet, die auf all die Faktoren aufmerksam macht, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollten. Wenn die beiden Orte in mehreren Punkten, wie beispielsweise der Kooperation Schule-Verein gleichauf liegen, so sprachen aber andere Punkte eher für den Standort Inneringen, wie beispielsweise die Geburtenentwicklung und die räumliche Situation im Hinblick auf die Ganztagesbetreuung und das Bildungshaus.

Eine Stunde lang hörten sich die Hettinger und die Inneringer die Vorträge an und zwei Stunden lang diskutierten sie dann noch mit den Fachleuten. Die Emotionen konnten die meisten unter der Decke halten, aber auch nach der Versammlung redete man noch grüppchenweise eifrig weiter. 

Kommentar

Die Hettinger Gemeinderäte haben eine schwer wiegende Entscheidung zu fällen. Egal welchem der beiden Teilorte sie die gemeinsame Schule zusprechen, der Beschluss hat weit reichende Konsequenzen für die künftige Entwicklung der Gemeinde.  

Räte entscheiden über die Zukunft  

Von Ignaz Stösser

Auch wenn Bürgermeister Stefan Bubeck und alle anderen Fachleute auf dem Podium sich noch so sehr um Neutralität und Sachlichkeit bemühten, während der Diskussion kristallisierte sich nach und nach das Gefühl heraus, Inneringen hat einfach die besseren Karten. Es half auch nichts, dem Bürgermeister vorzuwerfen, er operiere mit falschen Zahlen, man spürte förmlich, wie die Felle für Hettingen davonschwammen. Dabei ist diese Entwicklung für Hettingen tragisch. Zieht das Städtchen jetzt den Kürzeren, wird es auch weiterhin auf der Verliererseite stehen: Der Hettinger Kindergarten, den man ja erhalten will, wird schwerer in das Bildungshaus einzubeziehen sein und ist dadurch weniger attraktiv als der der Inneringer. Und ein Ort ohne Schule reizt noch weniger junge Familien, hier ihre Zelte aufzuschlagen. Die Entwicklungsspirale wird sich weiter abwärts bewegen. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Der Gemeinderat könnte morgen eine so genannte politische Entscheidung zur Förderung des Kernortes treffen. Das ginge dann aber auf Kosten von Inneringen. Die grundsätzliche Frage, vor der die Gemeinderäte nun stehen, heißt: Wie soll die Zukunft der beiden Orte aussehen?

Die Entscheidung wird der Gemeinderat in seiner öffentlichen Sitzung morgen ab 19.30 Uhr in der Hettinger Turn- und Festhalle treffen. Die Anzahl der Hettinger und der Inneringer Gemeinderäte ist gleich groß und liegt bei jeweils sechs. Bürgermeister Bubeck, der mit seiner Stimme das Zünglein an der Waage sein könnte, hofft, dass sich für die Entscheidung eine deutliche Mehrheit finden wird.

 

Zitate

Das sagen Fachleute und Bürger

Zahlreiche Hettinger und Inneringer Bürger waren am Freitag in die Inneringer Turn- und Festhalle gekommen. Viele beteiligten sich auch an der Diskussion um den neuen gemeinsamen Schulstandort.

„Durch die kursierenden Gerüchte ist viel Porzellan zerschlagen worden. Diese Scherben zu kitten, wird lange Zeit in Anspruch nehmen.“ 
Schulleiter Siegfried Haule

„Theoretisch wäre es möglich, dass unsere Schulen auch Schüler von auswärts bekommen, aber jede Gemeinde kämpft um ihre Schüler.“
Bürgermeister Stefan Bubeck

„Als ich vor dreieinhalb Jahren Schulamtsleiter wurde, hat kein Mensch gedacht, dass wir zu solchen Veranstaltungen eingeladen werden.“
Schulbereichsleiter Walther Paape

„Der Wettbewerb in den Kommunen um die Gunst der jungen Familien ist in vollem Gange.“
Bürgermeister Stefan Bubeck

„Wir haben das große Glück, eine starke Gemeinde zu sein. Aber das geht nur gemeinsam.“
Inneringer Gemeinderätin Heike Teufel

„Wir haben uns an jeden Strohhalm geklammert, in der Hoffnung, beide Schulstandorte halten zu können. Wir haben sogar geprüft, ob wir als Kommune selbst Lehrer einstellen können. Aber das Land gibt diese Kompetenzen nicht ab.“
Bürgermeister Stefan Bubeck

„Es gibt keine Lehrerstunden allein für die Hoffnung, irgendwann wieder mehr Kinder zu haben.“
Schulbereichsleiter Walther Paape

„Das qualitative Niveau in der Inneringer Schule ist sehr hoch. Ich hoffe, das wird nach der Zusammenlegung auch so bleiben.“
Inneringer Mutter von zwei Kindern

„Die Diskussion geht hier in eine bestimmte Richtung. Dinge, die zugunsten von Hettingen sprechen, werden verschwiegen.“
Hettinger Gemeinderat Hans-Walter Wolf

„Für mich ist dies eine schwierige Situation. Ich habe versucht, objektiv zu sein. Vielleicht hätten Sie es ja besser gemacht, Herr Wolf.“ (Applaus)
Bürgermeister Stefan Bubeck als Antwort

„Es ist grundsätzlich die Frage, was mit dem ländlichen Raum geschieht. Nach und nach zieht man uns Einrichtungen wie die Post oder die Polizei ab und wundert sich dann, dass die Leute wegziehen. Wir sind zusammengewachsen, und jetzt treibt man einen neuen Keil zwischen uns. Alles bricht auf uns rein, und wir müssen gucken, wo wir bleiben.“ (Viel Applaus)
Hettinger Gemeinderat Herbert Businger

„Wenn es um solche Probleme geht, müssen wir zusammenstehen. Ich bitte darum, dass die Bürger die Entscheidung des Gemeinderats, egal zu wessen Gunsten sie ausfällt, mittragen.“
Bürgermeisterstellvertreter Wilfried Liener aus Hettingen

„Was kann die Stadt tun, um junge Leute hierher zu bekommen? Wenn das so weiter geht, können wir in 20 Jahren in den Schulen Altersheime einrichten.“
Hettinger Bürger

„Ich wollte heute Abend keine Endzeitstimmung aufkommen lassen, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt...“
Bürgermeister Stefan Bubeck als Antwort

„Das ist die schwerste Entscheidung, die der Gemeinderat unserer Gemeinde zu treffen hat. Es muss aber auch nach dem Dienstag weitergehen. Die Entscheidung sollte in Richtung ,gemeinsame Stadt’ gehen und nicht in Richtung ,einzelne Ortsteile’.“
Bürgermeister Stefan Bubeck


Hier geht es zum Originalartikel aus der SZ vom 19.11.2007

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