Oatsfasnet 2007
Narrengriicht
Auch in diesem Jahr tagte wieder das Hohle Gericht. Gleich drei Verfahren standen heuer auf der Tagesordnung. Nachstehend wird der Wortlaut abgedruckt.
Gerichtsdiener:
Zu meiner Rechten: Der unerschrockene, äußerst flexible Verteidiger Schorsch,
dessen Wortgewandtheit bisher noch allenweil eine Garantie für die Verurteilung
seiner Mandanten war, ob unschuldig oder it.
Zu meiner Linken:Der erfahrene, erfolgsverwöhnte Staatsanwalt Bernd, der alles
ond jeden durchschaut, auch wenn er meistens alles doppelt ond verschwommen
sieht.
Folgende
Fälle werden heute an dieser Stelle verhandelt:
·
weil sie seit Jahrzehnten an diesem fehlerlosen, hohlerwürdigen
Kohlrabagericht herummeckern, sind angeklagt: der Narrenschultes Wolfgang Reiser
ond sein verwandtschaftlich verbondener Meckerbruder Paule
·
wegen iebertriebener Faulheit ond Untergrabung der Staatsgewalt:
der Enerenger Ersatzzunftmeister ond Riesengroßbauer Johannes Knaus
·
wegen Hochverrat am Enerenger Kohlrabavolk: der Gmoidsverräter
Glaser-Franz Flöß
Bevor
die Verhandlungen eröffnet werden, gibt das Mitglied der Enerenger
Kohlrabaregierung
Richter:
Setzen! Hobo, leg los.
Habs
büßen müssen schlimm genug
Daß ich mich letzte Fasnat schlecht betrug
Ond it bei meinen Kameraden war
Jener blauen Männerschar
Die sich wacker durch die Fasnat schleppt
Bis sie dreinschaut ganz bedeppt
Drum tat ich diesjahr Buße leisten
War bei mei Umzieg als die meisten
Hab nach Kräften einen draufgemacht
Laut geschrien ond viel gelacht
Auf daß ich wieder wohlgelitten sei
Im Enerenger Narravrei
Kohlraba…
Richter:
(Bums) Die Sitzung ist hiermit eröffnet. Kohlrabadiener führen sie die
Angeklagten auf die Anklagebank ond verlesen Sie die Anklageschrift gegen die
beiden Reiser-Schurken.
Gerichtsdiener:
(bringt alle zur Anklagebank)
Närrisches Kohlrabavolk von
Enerenga! Die beiden Brieder Wolfgang ond Paul-Hermann Reiser schelten schon
seit Bestehen des Hohlen Enerenger Kohlrabagerichts ieber dieses ond machen es
schlecht, wo sie bloß kennen. Man solle doch mei Leite verurteilen, das ginge
alles zu lange ond das Vermahlen der Verurteilten in der Kohlrabamiehle sei
ieberflissig ond koste nur kostbare Zeit, die den beiden Saufbriedern dann
wieder beim Saufen im Narrenheim fehlen täte. Der Narraschultes Wolfgang
beschwert sich, er hätte kaum noch Zeit, das wertvollste Kleinod des Enerenger
Kohlrabavolkes – die Ausschreierschelle – zu verschlampen ond sich anschließend
mit einem wirren Gestammel von wegen Diebstahl ond Komplott aus der Sauerei
herauszureden, der Oberschlamper.
Richter:
Das
ist ja unerhört! Herr Staatsanwalt, Sie haben das Wort.
Staatsanwalt:
I
glaub, do muaß i nix mei dazua saga.
Richter:
Herr
Verteidiger, was haben Sie zu sagen?
Verteidiger:
Im
Sinne meiner Mandanten sage ich gar nix. Sonst dauert das alles doch viel zu
lange.
Richter: Da die Schuld der beiden Meckerbrüder eindeutig nachgewiesen ist, komme ich jetzt zur Urteilsverkündung.
Gerichtsdiener:
Erhebet Euch!
Richter:
Die
Angeklagten Wolfgang ond Paul-Hermann Reiser werden staatsfeindlicher Umtriebe
gegen den Enerenger Kohlrabarechtsstaat für schuldig befonden. Außerdem haben
sie das hohlehrwürdige Enerenger Kohlrabagericht ond seine ehrbaren,
vorbildlichen, vor Kraft, Mut ond Schönheit strotzenden Vertreter aufs schändlichste
verunglimpft. Zur Buße sollen sie den Vertretern des Enerenger
Kohlrabarechtsstats – also eis – einen Kasten Bier spendieren. Zum Zeichen
ihrer unendlichen Schuld müssen sie außerdem den ganzen Abend ond die ganze
Nacht die Enerenger Narrakappe auf dem Haupte tragen. Gerichtsdiener,
vollstrecken Sie das Urteil ond treiben Sie das Bußbier ein!
Gerichtsdiener: Jawohl, Euer Hohlheit, die Ihr an Selbstlosigkeit it übertroffen werden könnt!
Gerichtsdiener:
Es folgt der Prozeß „das närrische
Enerenger Kohlrabenvolk gegen den faulenden Enerenger Ersatzzunftmeister
ond Riesengroßbauer Knausen-Johannes, der mit seiner Faulheit die
rechtsstaatliche Grondordnung des Enerenger Kohlrabastaates in Gefahr bringt“.
Erhebet Euch für das Hohle Gericht.
Richter:
(klopft) Setzen! Herr Staatsanwalt, Sie haben das Wort.
Staatsanwalt:
Hohles Gericht! Närrisches Volk von
Enerenga! Der Angeklagte Knausen-Johannes hat sich in unverschämter Weise
geweigert, dia Enerenger Kohlrabamiehle aufzubauen. In der letzten Sitzung des
Enerenger Kohlrabagmoidsrots unterm Vorsitz vom ehrwürdigen, auf den Umzügen
sehnlichst vermißten Benno Fritz hat der Angeklagte sich in unflätiger Weise
über das Hohle Gericht geäußert. Das Auf- ond Abbauen der Kohlrabamiehle
dauere ihm viel zu lange ond sei ihm viel zu viel Arbeit, dafür daß am Ende
ein oder zwei Hansel in kürzester Zeit vermahlen würden. Statt die Miehle auf-
ond abzubauen täte er lieber den oina oder andera Schwaza em Narraheim saufen.
Richter:
Herr
Staatsanwalt, erklären Sie doch einmal dem Enerenger Kohlrabavolk, was ein „Schwazer“
ist.
Staatsanwalt:
Der
Schwaze ist ein medizinisches Mischgetränk aus dem vitaminreichen Getränk
Whisky ond dem äußerst gesonden Getränk Cola. Das Getränk steigert die
Motivation, auf die Fasnat zu gehen in ungeheurem Maße. Dadurch wird die in
wiaschtglaibigen Gegenden verbreitete Winterdepression verhindert ond das
allgemeine Wohlbefinden enorm gesteigert. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Leider hat das medizinische Wondermittel auch geringfügige Nebenwirkungen, wie
zum Beispiel Kopfschmerzen ond Brechreiz am Morgen danach.
Richter:
Genau!
Nur eisrer abartiga Kreativität ist es zu verdanken, daß wir die Schuldigen
auch weiterhin auf gebührende Weise bestrafen können. Herr Verteidiger, was
haben Sie gegen diese Vorwürfe zu sagen?
Verteidiger:
Hohles Gericht, die Verteidigung
kann einwandfrei beweisen, daß der Knausen-Johannes völlig unschuldig ist ond
gar nix für seine Faulheit kann.
Richter:
Löblich, löblich.
Gerichtsdiener:
Erhebet Euch für den weisen
Richterspruch unseres hohlköpfigen Kohlraba-itmei-verhäxlers Timo!
Richter:
Der Angeklagte Ersatzzunftmoister ond
Riesengroßbauer Knausen-Johannes ist schuldig, stinkfaul zu sein. Außerdem
trinkt er allenweil so viel Kohlrabamedizin, daß das hohle Gericht immer Angst
haben muß, zu kurz zu kommen. Er soll daher Buße tun ond dem hohlerwürdigen
Gericht als Ersatz für die entgangenen Schwaze eine Flasche
Kohlrabaersatzmedizin aus dem Hause Jan Becher spendieren. Zudem soll er für
alle erkennbar sein ond herumlaufen wie die schurkischen Reiser-Brieder.
Kohlrabadiener! Vollstrecke er das Urteil ond treibe er den Schnaps – äh die
Medizin – ein!
Gerichtsdiener:
Gerichtsdiener:
Wir kommen zu dem Prozeß „das närrische
Enerenger Kohlrabenvolk gegen den ureigennützigen Enerenger Gmoidsrot
Glaser-Franz Flöß, der vergessen hat, warum er Gmoidsrot geworden ist ond
statt dessen fremde, dunkle Mächte bei der Vernichtung von Enerenga nach Kräften
unterstützt“. Erhebet Euch für
das Hohle Gericht.
Richter:
(klopft) Setzen! Herr Staatsanwalt, Sie haben das Wort.
Staatsanwalt:
Hohles Gericht! Närrisches Volk von
Enerenga! Jahrhonderte lang hat man geglaubt, die Schildburger hätten nie
existiert ond ihre dummen Streiche seien nix anderes als Märchen. Aber da hat
man sich gewaltig getäuscht! Neueste wissenschaftliche Untersuchungen kommen zu
dem Ergebnis, daß die Schildburger auf der Alb wohnen – besser gesagt in
einem tiefen, finsteren, sauerstoffarmen Loch in der Alb. Dort steht sie – die
Schildburg. Ein alter viereckiger Kasten, den die Schildburger selber „Schloß“
nennen, einfältig wie sie sind.
Verteidiger:
Hohles Gericht, kann der Staatsanwalt
bitte zur Sache kommen?
Gerichtsdiener:
Genau, schließlich haben es die einen
oder anderen Verurteilten noch pressant, ins Narraheim zu kommen.
Richter:
Also,
Herr Staatsanwalt, kommen Sie bitte zur Sache. Das hat schließlich alles gar
nix mit dem Angeklagten zu tun.
Staatsanwalt:
Oooh
doch!
Richter:
Ja
wie soll denn das aussehen, Ruhm ond Ehre?
Staatsanwalt:
Wenn
sie sich gut führen, soll nach jedem Enerenger Gmoidsrot jabbas benannt werden.
So soll der Enerenger Windpark in Glaser-Franz Windpark umbenannt werden, der
graischde em ganza Südweschda. Der Enerenger Kropfplatz, do mo d Molke mol
gschdanda isch, wird umbenannt in Sabine Rösch Platz, der schattigschde em
ganza Südweschda. Die Reste der Jahnstraße werden umbenannt in Josef Lehleuter
Straße, die hoppligschde em ganza Südweschda.
Gerichtsdiener:
Jo
ganau! Ond des Enerenger Vögelschutzgebiet wird Wilfried Kleck Nationalpark heißen
ond die Wehde wird in Heike Teufel See umbenannt. Das sind dann die unzusammenhängendsten
Naturschmutzgebiete em ganza Südweschda.
Staatsanwalt:
Wohl wahr. Damit auch der
Gmoidsrot Hans Kempf zufrieden ist, soll der Maien in Zukunft nach ihm benannt
werden ond Schallmaien heißen, der heischde em ganza Südweschda. Das alles ist
dann die gigantischste Bestechungsaktion em ganza Südweschda, eingefädelt von
dem hier angeklagten Glaser-Franz, der allenweil bloß an sich denkt.
Verteidiger:
Einspruch
Euer Hohlheit! Mein Mandant denkt allenweil auch an seine Mitburger. So hat er
gekämpft wie ein Löwe, damit Enerenga einen eigenen Zeppelin kriegt.
Richter:
Kohlrabadiener,
was moinat Sie dodazua, wär des jabbas fir eis?
Gerichtsdiener: Hohlehrwürdiger Richter, also i halt dodavo gar nix. Om abzuheba ond in andere Gefilde zu entschweben braucht an Enerenger nix weiter als Kohlrabamedizin. Do schwör i schau seit Jahren drauf. Wia oft hot sich it schau der Boda onder meine Fiaß en Luft aufglöst ond ischt meinem Kopf entgegagschwebt. I halt s do mit dera uralta, ewiggültiga Weisheit: „Wer einmal entschweben will, Braucht Kohlrabageist ganz viel!“
Richter:
So
sieh i des au. Herr Staatsanwalt.
Staatsanwalt:
Der
Angeklagte ond seine Mitverschwörer sind schuldig, daß die Gmoid Millionen zum
Fenster hinauswirft, die sie gar it hat.Drunten, im finsteren Tal, wurden neue
Oatsschilder aufgestellt – oder muß man da jetzt Stadtschilder sagen –
obwohl die alten noch vollkommen intakt waren. Ond wieso? Damit man ganz groß
Stadt daraufschreiben konnte. Das ist doch ein Fall für den
Kohlrabarechnungshof!
Verteidiger:
Einspruch
Euer Ehren! Das dient doch alles nur dem Fremdenverkehr. So kam man doch endlich
mal wieder in die Schlagzeilen ond das ganze Land lacht, äh spricht, ieber
eiser Gmoid. Wenn die sich im finsteren Tale dafür bis auf die Knochen lächerlich
machen ond blamieren müssen, ist das doch it eiser Problem. Es wird erwartet,
daß durch diese Aktion tausende von Besuchern in das Narramuseum kommen werden,
weil sie sagen, daß sie diese Narreteien unbedingt einmal aus der Nähe sehen müssen.
Staatsanwalt:
Pah!
Das Narrenmuseum… Fir dieses osinnige, dochtalause Bauwerk mußte die
Enerenger Kirchamauer sterben.
Richter:Was?
Richter:
Ist das wahr, Herr
Verteidiger?
Verteidiger:
Jo, das stimmt schon. Die
Kirchamauer wurde tatsächlich fir das unbesuchte Narramuseum gebraucht. Aber
dadafir haben die Enerenger ein nagelnuies Baugebiet bekommen. Dieses Baugebiet
ist ein ganz besonderes Baugebiet. In diesem Baugebiet wird es nämlich niemals
ein Haus mit Keller geben. Dieses Baugebiet ist also ein äußerst
familienfreundliches Baugebiet, ond warum, Euer Hohlköpfigkeit?
Richter:
Weil
es keine Keller hat?
Verteidiger:
Genau!
Mein Mandant persönlich hat eine hohlwissenschaftliche Studie verfaßt, die
einwandfrei beweist, daß so ein Keller nur zu zwischenmenschlichen Problemen führt.
Richter:
Hä?
Verteidiger:
Wenn
man einen Keller hat, was muß man dann mit dem tun? Genau, man muß ihn aufräumen
ond putzen. Zu mei kann man einen Keller gar it gebrauchen. Ond weil die Weiber
heutzutage allesamt stinkfaul sind, bleibt das wieder an den Mannen hängen. Die
Mannen sind aber mit kindermacha ond –hiada, mit butza, wäscha ond biegla,
kocha, gialdverdäana ond augabrauazupfa so beschäftigt, daß sie sich it auch
noch um einen Keller kümmern können.
Richter:
Jo,
des Augabrauazupfa hebt ganz schee na. I be au eischt bis zo de Aura komma (lupft
den Hut und streicht sich über die Stirnglatze).
Verteidiger:
(verdattert)
Äh, jo, genau… Jedafalls
will mein Mandant, der Glaser-Franz, mit gutem Beispiel vorangehen ond im
kommenden Johr seinen eigenen viel zu grausen Kehr zuabetonieren, weil sich do
sowieso bloß ein Haufen onitze Sauerei ond alder Gruscht agsammelt hot.
Richter:
Herr Staatsanwalt, was sagen
Sie dazu?
Staatsanwalt:
Nix.
Do muaß i gar nix dazua saga. Wenn oiner wissa will, was fir Streiche eis vo de
Schildburger ond ihre Kompliza gschbielt wärat, muaß r bloß bei dr Weda zom
Oat nausfahra ond sich dia osennig Verkehrsinsel agugga, mo bloß em Wäag isch.
Verteidiger:
Einspruch
Euer Ehren! Diese Verkehrsinsel war obedengt notwendig! Wenn a Gmoid s ganze
Giald vergraba will, braucht se heitzodag so jabbas. Ond wenn se noch no Giald
iebrig hot, noch kam a dia Verkehrsinsel ieberdacha und
zusätzlich a Onderfiehrung fir Kenderwäga ond Grodda baua. Leider geit
s jo em ganza Oat koi oizige Kreizong, mo ma an gscheida Kroisverkehr baua kannt.
Dodawäaga hot ma jetzt halt amol a Verkehrsinsel baut. Ond em kommenda Johr wäat
irgendjabba em Esch dussa a riesige Kreizong mit ma gigantischa Kroisverkehr
baut, wia nr ara so wichdiga Stadt würdig ischt.
Richter:
Jetzt
langats noch. Gerichtsdiener – Urteilsverkündung!
Gerichtsdiener:
Erhebet
Euch fir das Hohle Gericht!
Richter: Der hier angeklagte Glaser-Franz wurde eindeutig der Komplizenschaft mit den Schildburgern im finsteren Tal überführt. Daher soll er Abbitte leisten und zum Zeichen seiner Schuld den ganzen Abend und die ganze Nacht mit dem Schild der Schande herumlaufen. Gerichtsdiener, lassen Sie den Verurteilten seine Abbitte leisten.
Gerichtsdiener:
(hängt dem Verurteilten zuerst
das Schild um) Der
verurteilte Glaser-Franz spreche mir laut ond deitlich nach!
Vom
finstern Tale komm ich her
Denn ich bin ein Schildburger
Habe lauter dummes Zeug gemacht
Daß jeder ieber eiser Hoimat lacht
Doch
jetzt will ich gescheiter sein
Und setz mich voll für Enerenga ein
Will keinen Scheiß mei mitentscheiden
Unter dem am End wir alle leiden
Verjagt
mich sonst mit Schimpf und Schande
Aus dem schönen Hohenzollernlande
alle
gemeinsam: Singen
des Hohenzollernliedes
Gerichtsdiener: Die Sitzung ist geschlossen.
Hinter den Kulissen sorgte aber der Zögling des Narrenschultes für Heiterkeit:
Der kleine Niklas versorgte die Angeklagten mit Bier und Schnaps.
Wobei der Angeklagte Wolfgang R. seine Beute bereitwillig mit seinem Verteidiger teilte.