Wahlcheck der Schwäbischen Zeitung



Inneringen, ein tiefschwarzes Nest

Wahllokal ist Wahllokal oder doch nicht? Unsere Redakteure suchen vor der Bundestagswahl mit Wahlzetteln unterm Arm Gaststätten auf. Heraus kommen echte Wahllokale und ein echtes Wahlergebnis. Im zweiten Teil der Reihe wählen die Besucher der Gaststätte "Adler" in Inneringen.

Quelle: Schwäbische Zeitung Sigmaringen

Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, im Inneringer "Adler" abends einen repräsentativen Querschnitt der Dorfbevölkerung anzutreffen. Der Kirchenchor und die Stammtischler sind eine sichere Bank, also entscheiden wir uns für den Dienstagabend.

Jeden Abend außer montags, da ist Ruhetag, lassen die sechs, acht Männer am Stammtisch den Tag ausklingen. Sie diskutieren über Politik, aber das ist nicht ihr Hauptthema. "Wir wisset, was mir wählet", sagt ein Stammtischler.

Wohl wahr, die Inneringer wählen (fast) geschlossen die CDU. Knapp 80 Prozent der 23 Stimmen entfallen auf die Partei der Kanzlerin. Die Stadt Hettingen und der Ortsteil Inneringen wählen traditionell schwarz. Bei der Wahl vor vier Jahren entfielen auf die CDU 64,9 Prozent der Zweitstimmen, Rekord im Landkreis! 

Na klar, dass die Inneringer auf eine schwarz-gelbe Koalition hoffen. Dietmar Bögle, aus beruflichen Gründen Wahl-Münchner, macht sich am Stammtisch für das Duo Merkel-Westerwelle stark. "Die beiden Parteien können gut miteinander, in einer schwarz-gelben Koalition wäre weniger Disput."

"Wir sind ein Kirchenchor", sagt Anton Guhl. "Da können Sie sich ja denken, wie der wählt." Die restlichen Sänger lachen herzlich. Meinen Sie es ernst? Oder spielen Sie nur mit dem Klischee? "Ach, die Bibeltreuen Christen können wir auch wählen", sagt eine Sängerin von ihnen. Tun sie aber nicht.

Das Wahlergebnis zeigt: Die Mitglieder des Kirchenchors machen ihr Kreuzchen tatsächlich dort, wo man es von ihnen erwartet. FDP und SPD kommen jeweils nur auf knapp fünf Prozent, die Grünen immerhin auf 13 Prozent.

Dienstags nach der Chorprobe sind die Sängerinnen und Sänger häufig im "Adler" zu Gast. Politische Themen werden dort mitunter auch diskutiert. "Aber mehr aus aktuellem Anlass." Lokalpolitik zum Beispiel interessiert die Runde schon. Ob es mit Lothar Wasel in Gammertingen spannend wird, zum Beispiel.

Als drei Hettinger zu der Runde stoßen, die gerade aus dem Gemeinderat kommen, werden sie gleich über die Umgestaltung des Dorfplatzes ausgefragt. "Hier ist schon ein tiefschwarzes Nest", sagen selbst die, die nicht die CDU wählen und von sich sagen: "Wir sind nicht die typischen Inneringer." Sie sind auch nicht im Kirchenchor.

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