Gemeinderatswahl

Ergebnis bringt faustdicke Überraschung

Mit einer faustdicken Überraschung endete die Gemeinderatswahl: Künftig werden dreizehn Gemeinderäte am Sitzungstisch Platz nehmen: Sechs aus Hettingen und Sieben aus Inneringen.

Wie kann denn das gehen? Diese Frage haben sich im Laufe des Montags nach der Wahl sicherlich viele gestellt, die vom Wahlergebnis gehört hatten. Denn dieses sieht folgendermaßen aus:

Wohnbezirk Hettingen:

Wohnbezirk Inneringen:

Eigentlich besteht der Gemeinderat der Stadt Hettingen nach den Festlegungen der Hauptsatzung aus zwölf Mitgliedern, jeweils sechs aus beiden Stadtteilen. Insofern "kann" dass doch gar nicht sein, dass ein Stadtteil sieben Sitze bekommt. Kann es aber doch, und es ist auch nicht das erste mal: Von 1980 bis 1985 waren sieben Hettinger Räte im Gremium, damals wie heute gab ein sogenannter Ausgleichssitz den Ausschlag.

Wie kommt es zu einem solchen Ausgleichsitz?

Dies ist tatsächlich nicht ganz einfach, es hängt mit der laut Hauptsatzung eingeführten "unechten Teilortswahl" (eben der Regelung, dass jeder Ortsteil mindestens sechs Sitze hat), dem d'Hondtschen Wahlsystem und vor allem den Stimmenzahlen der einzelnen Wahlvorschläge zusammen.

Falls es jemand ganz genau wissen will, wird nachstehend die Ergebnisermittlung nachgestellt:

So sehen die Ergebnisse der vier Wahlvorschläge aus:

Im ersten Schritt der Ergebnisermittlung werden die zwölf Mandate entsprechend der Hauptsatzung (unechte Teilortswahl) auf Wohnbezirksebene verteilt. Nachdem es in der Stadt Hettingen üblich ist, dass es "reine" Ortsteilslisten gibt, kommen bei dieser Verteilung jeweils nur zwei Listen ins Spiel. 

Die jedem Wohnbezirk zustehenden sechs Sitze werden nach sogenannten Höchstzahlen vergeben, diese wiederum werden dadurch ermittelt, dass das Gesamtstimmenergebnis der jeweiligen Liste erst durch 1, dann durch 2, 3, 4 und so weiter geteilt wird. Die Sitzverteilung erfolgt dann nach der Reihenfolge dieser Höchstzahlen.

Konkret sieht dies folgendermaßen aus:

Wohnbezirk Hettingen:

Die Höchstzahlen sind in der Tabelle rot eingetragen. Die Wählergemeinschaft Hettingen kann die Höchstzahlen 1, 3, 5 und 6 aufweisen und bekommt daher auf Wohnbezirksebene vier Sitze. Die Unabhängige Bürgerliste bekommt mit den Höchstzahlen 2 und 4 zwei Sitze - auf Wohnbezirksebene wohlgemerkt.

Wohnbezirk Inneringen:

Hier ist das Bild ähnlich: Die Bürgerliste kann die Höchstzahlen 1, 3, 5 und 6 aufweisen und bekommt daher auf Wohnbezirksebene vier Sitze. Die Freie Wählerliste bekommt mit den Höchstzahlen 2 und 4 zwei Sitze.

Soweit so gut - allein nach dieser Auswertung wäre der Gleichstand der Sitze zwischen den Stadtteilen naturgemäß gegeben, weil die Sitzverteilung bisher ja nur auf Wohnbezirksebene vorgenommen wurde. Allerdings schreibt das Kommunalwahlrecht vor, dass die Sitzverteilung auch auf Gemeindeebene erfolgen muss. Dies wird auch als Verhältnisausgleich bezeichnet.

Hierzu werden alle viel Wahlvorschläge nebeneinander gestellt, im Prinzip ist das Verfahren aber das selbe:

Hier ergibt sich nun ein kleiner aber feiner Unterschied: 

Die Inneringer Bürgerliste bekommt die Höchstzahlen 1 ,5 ,9 und 11 und kommt somit wie bei der Verteilung auf Wohnbezirksebene auf vier Sitze. Auch die Hettinger Unabhängige Bürgerliste (Höchstzahlen 4 und 8) hat wie vorhin zwei Sitze. Die Wählergemeinschaft Hettingen hat aber nur drei Höchstzahlen (2, 6 und 10) und somit einen Sitz weniger wie bei der Verteilung auf Wohnbezirksebene. Dem hingegen bekommt die Inneringer Freie Wählerliste drei Höchstzahlen (3, 7 und 12) und somit auch drei Sitze - obwohl ihr nach der Verteilung auf Wohnbezirksebene eigentlich nur zwei Sitze zustehen würde. Diesen zusätzlichen Sitz nennt man Mehr- oder auch Ausgleichsitz. 

Weil das Wahlrecht aber vorschreibt, dass die Wahlvorschläge mindestens so viele Sitze bekommen müssen, wie sie auf Wohnbezirksebene zugesprochen bekommen haben, werden weitere Höchstzahlen verteilt, und zwar so lange, bis die Wählergemeinschaft Hettingen ihren vierten Sitz bekommt. 

Praktischerweise ist dies gleich die nächste Höchstzahl (13), so dass damit die Sitzverteilung abgeschlossen ist. Und zwar mit dem erwähnten Ergebnis:

Die Verteilung dieser Sitze auf die einzelnen Bewerber richtet sich dann nach der Stimmenzahl, welche diese erzielt haben. Hierdurch kann es auch passieren, dass jemand in den Gemeinderat einzieht, der weniger Stimmen hat als ein Bewerber, der nicht gewählt ist. Konkret ist dies in Inneringen auch der Fall, wo Sven Nicola von der Freien Wählerliste mit 406 Stimmen gewählt ist, während Daniela Maier von der Bürgerliste mit 411 Stimmen nicht gewählt ist. 

Diese Besonderheiten sind die Tücken des Kommunalwahlrechts, welches allerdings das gerechteste aller Wahlformen bietet: Der Wähler muss sich eben nicht (wie bei den anderen Wahlen) nach den von den Parteien festgelegten Ranglisten der einzelnen Bewerber richten, sondern kann selbst entscheiden, welchem Bewerber er wie viele Stimmen gibt.

Insofern ist auch niemand "Schuld" am Ergebnis, wie es sich jetzt darstellt. Auch die Differenz bei den Einwohnerzahlen und den Wählern hat letztlich nicht den Ausschlag dafür gegeben, dass Inneringen in den kommenden fünf Jahren einen Sitz mehr hat. Dies vorherzusagen ist jedoch schwierig bzw. unmöglich, und das ist es schließlich auch, was eine solche Wahl so spannend macht!

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