Zukunft der Grundschule(n)

Spannungsgeladene Bürgerversammlung bleibt weitgehend sachlich

Mit Spannung erwartet und auch von Spannung gezeichnet war die Bürgerversammlung zur Zukunft der beiden Grundschulen im Stadtgebiet in der Inneringer Albhalle. Erfreulicherweise blieb die Diskussion weitgehend sachlich.

Fast vollständig besetzt war die Albhalle, annährend 400 Bürger dürften es gewesen sein, die gespannt auf die Ausführungen bezüglich der Notwendigkeit der anstehenden Entscheidung warteten. Unübersehbar war der Graben zwischen den beiden Stadtteilen auch an der Sitzordnung: Ohne dass dies so vorgegeben war, setzten sich nahezu alle Inneringer rechts vom Mittelgang und die deutliche Mehrzahl der Hettinger links vom Mittelgang (die ebenfalls vorhandenen Bewohner der Langensteig waren fast geneigt, sich in den Mittelgang selbst zu setzen...).

Auf dem Podium hatten neben dem Bürgermeister die beiden Rektoren Fecht und Haule, die Herren Paape und Giemann vom Fachbereich Schule und Bildung sowie Frau Fischer-Kuhn vom Fachbereich Jugend des Landratsamts Platz genommen.

Zu Beginn der Bürgerversammlung räumte der sichtlich um Neutralität und Objektivität bemühte Bürgermeister Stefan Bubeck mit einigen Gerüchten und Parolen auf, die in den letzten Tagen durch die Stadt gegeistert waren. So sei es mitnichten so, dass die Instandsetzung der Inneringer Schule 300-500.000 € kosten wird, und auch die Vermutung, dass es in zehn Jahren aufgrund der Schülerzahlen ohnehin gar keine Schule mehr im Stadtgebiet geben wird bezeichnete er als blanken Unsinn. Not amused war das Stadtoberhaupt auch über Aussagen von Unternehmern, sie würden die Kosten für den Bus nach Gammertingen übernehmen nur damit die Kinder nicht nach Inneringen in die Schule müssen oder auch die Anfrage eines Elternvertreters beim Bürgermeister der Stadt Gammertingen, ob die Hettinger Schüler dort eingeschult werden können. Bubeck rief dazu auf, solche Aktionen zu lassen und sich statt dessen aufgrund der tatsächlichen Zahlen und Gegebenheiten einen objektiven Eindruck über die aktuelle Situation und die Handlungsoptionen für die Zukunft zu machen.

Mit mehreren Powerpoint-Folien machte er dann auch das Dilemma der Bevölkerungsentwicklung in der Stadt deutlich: Schon 2050 werden mehr als ein Drittel der Bevölkerung 60 Jahre oder älter sein, die Zahl der unter 20 Jährigen wird dagegen nur noch rund bei einem Sechstel liegen. Besonders nachteilig wirkt sich neben den deutlich zurückgehenden Geburtenzahlen vor allem aus, dass die Mehrzahl der jungen Leute in der so genannten "Innovationsphase" ihrer Heimatgemeinde den Rücken kehren und meist beruflich bedingt andere Lebensmittelpunkte suchen und finden. Und das obwohl in der Stadt gerade für junge Familien nahezu ideale Voraussetzungen gegeben sind: eine hervorragende Infrastruktur, eine Vielzahl von Arbeitsplätzen und ein intaktes Vereinsleben.

Seinen Niederschlag findet die Entwicklung aktuell in den Schülerzahlen:

Schuljahr 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14
Gesamt 87 85 84 83 77 65 59
Hettingen 36 32 41 34 35 30 26
Inneringen 51 53 43 49 42 35 33

Hettingen wird demnach schon ab dem kommenden Jahr mit 32 Schülern so wenig Schüler haben, dass seitens der Schulverwaltung nur noch 1,5 Lehrerstellen zugeteilt werden können.

Die Herren Paape und Giemann erläuterten den Hintergrund: Auf Schulamts- also Landkreisebene werden Lehrerdeputate auch nur entsprechend den Schülerzahlen zugeteilt, unabhängig davon, ob diese Schüler konzentriert an wenigen großen Standorten oder verteilt auf viele kleine Standorte unterrichtet werden. Aus diesem Grund können insbesondere die kleineren Schulen nicht mehr ausreichend bedient werden.

Bürgermeister Bubeck wies auf ein weiteres Dilemma hin: Nachdem der Klassenteiler eben bei über 32 liegt, wäre in Hettingen im nächsten Jahr nur noch eine einheitliche Klasse 1-4 gegeben.

Falls nun einer der beiden Lehrkräfte ausfallen würde, hätte dies im Extremfall die Folge, dass die verbleibende Kraft gezwungen wäre, mit allen Schulkindern einen Morgen in der Turnhalle zu verbringen. Mit sinnvollem Unterricht habe dies wohl kaum mehr etwas zu tun, stellte Bubeck fest.

In Inneringen sei diese Entwicklung zwar kurzfristig noch nicht in der Schärfe gegeben, allerdings sind auch hier mittelfristig Schülerzahlen unter 40 zu erwarten. Aus diesem Grund sei es auch sinnvoll, jetzt zu reagieren und nicht erst, wenn an beiden Standorten das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen sei.

Die Frage nach den Handlungsoptionen für die Zukunft ist indes sehr einfach. Die Stadt hat nämlich nur drei Möglichkeiten:

Möglichkeit eins wäre es, den Kopf in den Sand zu stecken, beide Schulstandorte aufzugeben und beispielsweise die Hettinger Schüler nach Gammertingen und die Inneringer nach Veringenstadt zu schicken. Dann wäre zumindest schulisch gesehen das geschehen, was im Vorfeld der Gemeindereform in den 1970er Jahren angedacht war. Denn so sollten auch die damals noch selbständigen Gemeinden Hettingen und Inneringen aufgeteilt werden. Bürgermeister Bubeck bezeichnete es als Weitblick der damaligen Bürgermeister Knaus und Brandstetter, die im Zusammengehen zu neuen Stadt Hettingen den besseren Weg gesehen haben.

Möglichkeit zwei wäre die Beibehaltung einer regulären Grundschule mit einer Außenstelle im jeweils anderen Stadtteil. Diese Variante, da waren sich die beiden Schulleiter Fecht und Haule einig, sei jedoch pädagogisch gesehen absolut unbefriedigend.

Bleibt also die dritte Möglichkeit: Konzentration auf einen Standort, Schließung des anderen.

In einem abschließenden Schaubild machte Bubeck deutlich, welche Kriterien bei der Entscheidung in dieser Frage wichtig seien. Im Zentrum dieser Kriterien stand jedoch ein nachvollziehbares Schlagwort: Das Wohl der Schüler.

Sichtlich beeindruckt von den Zahlen und Fakten wurden die  Versammlungsteilnehmer daraufhin vom Bürgermeister in eine kurze Pause entlassen.

In der anschließenden Diskussion tasteten sich beide "Seiten" vorsichtig an die Materie heran. Das Bemühen, eine Eskalation zu vermeiden, war auf beiden Seiten zu spüren. Ein Hettinger Bürger wies darauf hin, dass es insbesondere für Frauen wichtig ist, am Ort des Arbeitsplatzes die Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung zu haben. In das selbe Horn stieß ein Hettinger Unternehmer, der auch den Bestand oder Ausbau der Hettinger Arbeitsplätze mit dem Verbleib der Schule verknüpfte.

Bürgermeister Bubeck entgegnete, dass in beiden Stadtteilen eine Ganztagsbetreuung angeboten wurde, in Inneringen ist diese zwischenzeitlich auch realisiert. Gerade im Stadtteil Hettingen war hierfür bisher aber kein ausreichender Bedarf gegeben.

Zwei Bürgerinnen aus Inneringen lobten die gute Qualität von Schule und Kindergarten in ihrem Ort. Herr Paape rief darauf hin dazu auf, jetzt keine Qualitätsdiskussion zu führen, da diese letztlich nicht zielführend wäre.

Ein Hettinger Gemeinderat warf der Stadtverwaltung vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Gleichzeitig warf er dem Stadtoberhaupt vor, die Diskussion nicht neutral zu führen. Der so angegriffene Stefan Bubeck ließ diese Einwände nicht gelten, die Zahlen seien mit dem Melderegister abgeglichen und daher absolut korrekt. Auch wies er darauf hin, dass er als "Reingschmeckter" für sich in Anspruch nehme, die Sache objektiv und neutral zu sehen und keinem Stadtteil verbunden sein müsse.

Hörbar still wurde es, als ein Mitglied des Elternbeirats des Inneringer Kindergartens nachfragte, wie es denn nun mit den Sanierungs- und Umbaukosten auf dem Weg zum Bildungshaus sei, und zwar an beiden Standorten. Stefan Bubeck lüftete auch dieses "Geheimnis": Wirtschaftlich betrachtet wäre es irrelevant, wo das "Bildungshaus 3-10" realisiert wird. Während in Inneringen das Schulgebäude saniert werden müsste, wäre in Hettingen ein Anbau notwendig, um auch den Kindergarten in räumliche Nähe zur Schule zu bringen. In beiden Fällen liegen die notwendigen Investitionen bei rund 180.000 €.

Einige weitere Fragen kamen noch, der befürchtete "big bang" blieb jedoch glücklicherweise aus. Dies hatte sich auch Rektor Haule gewünscht, seiner Ansicht nach würde es Jahre dauern, wenn jetzt tiefe Gräben aufgeworfen würden. Zu leiden hätten darunter im wesentlichen die Kinder.

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