Grundschule(n)

Die schwierigste Entscheidung seit der Gemeindereform

Schon lange befürchtet, von allen gefürchtet und nun doch unumgänglich: Die Stadt Hettingen muss Farbe bekennen, wo künftig der Standort für die Grundschule sein soll. Langfristig gibt es sowohl in Hettingen wie auch in Inneringen nicht mehr genügend Grundschüler, um beide Schulstandorte zu halten.

Im Rahmen einer Bürgerversammlung am 16. November 2007 in der Inneringer Albhalle soll die Bevölkerung über die Hintergründe und die Notwendigkeit informiert werden, in dieser Sache eine Entscheidung zu treffen.

Mit einer ganzseitigen Anzeige im Amtsblatt lädt die Stadtverwaltung hierzu ein:

Einladung zur Bürgerversammlung

Die demografische Entwicklung ist zur Zeit in aller Munde. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Fremdwort ? Was hat es für Konsequenzen für jeden Einzelnen ? Der Begriff ist lediglich eine andere Bezeichnung für die Bevölkerungsentwicklung. Die Auswirkungen dieser Entwicklung bekommen wir leider immer mehr zu spüren.

In unserer Stadt ist die Einwohnerzahl seit Anfang der 1990-er Jahre stetig zurück gegangen. Zählte Hettingen 1993 noch 2.121 Einwohner, so leben in unserer Stadt zur Zeit nur noch 1.930 Einwohner. Das bedeutet, dass die Bevölkerung in den letzten 15 Jahren um rund 10 % geschrumpft ist. Obwohl Hettingen nach wie vor einen Geburtenüberschuss zu verzeichnen hat, obwohl in den letzten dreißig Jahren eine hervorragende Infrastruktur aufgebaut wurde, obwohl ausreichend Arbeitsplätze vorhanden sind, obwohl günstiges Bauland zur Verfügung steht und obwohl  sich die Lebensqualität deutlich verbessert hat, lässt sich die 1980 bereits begonnene Entwicklung nicht mehr aufhalten. Besonders gravierend ist der Rückgang der jüngeren Generation. In den letzten zwanzig Jahren ist jeder Zweite der 18 bis 30-Jährigen von Hettingen und Inneringen weggezogen. Zuzüge in dieser Altersgruppe waren nur ganz vereinzelt festzustellen. Dies wirkt sich auf die Zahl der Geburten aus, auf das gesamte Sozialgefüge, auf die Kaufkraft, auf die Dienstleistungsangebote, auf die vorhandene Infrastruktur und hier im Besonderen auf die Kindergärten und Grundschulen. So ergab eine Analyse der Stadtverwaltung, dass der Rückgang der Kindergartenkinder und Grundschüler keinesfalls linear zur Entwicklung der Einwohnerzahlen verläuft. Ist die Einwohnerzahl in den letzten 10 Jahren um ca. 10 % zurück gegangen, so ist die Zahl der Kindergartenkinder und Grundschüler im gleichen Zeitraum um 50 % zurück gegangen. Die Zahl der Grundschüler wird in den kommenden Jahren noch weiter abnehmen, so dass mittelfristig mit 30 Schülern pro Grundschule bzw. 60 Schülern in der Gesamtgemeinde gerechnet werden muss. Nun stellt sich die Frage, wie groß muss eine Grundschule sein, damit sie noch pädagogisch wertvolle Arbeit leisten kann ? Im sog. Organisationserlass des Kultusministeriums von Baden-Württemberg wird die Mindestgröße für eine Grundschule mit jahrgangsübergreifendem Unterricht mit 40 Schülern und für eine einzügige Grundschule mit Jahrgangsklassen mit 64 Schülern genannt. Das bedeutet für Hettingen, dass die bestehenden beiden Grundschulen in Inneringen und Hettingen auf Dauer nicht selbständig fortgeführt werden können.

Der Gemeinderat der Stadt Hettingen hat in seiner Sitzung am 20. November 2007 eine Entscheidung zur Fortführung der Grundschule(n) und ggf. zur Wahl eines Standortes zu treffen. Vor der Entscheidung findet zu diesem Themenkomplex eine Bürgerversammlung statt, bei der die Bürgerinnen und Bürger über die Entwicklung der Schülerzahlen und mögliche Grundschulmodelle der Zukunft informiert werden und die Gelegenheit haben, Vorschläge und Anregungen zu geben. Zur Bürgerversammlung am

Freitag, den 16. November 2007 um 19 Uhr
in der Albhalle in Inneringen

sind alle Bürgerinnen und Bürger sehr herzlich eingeladen. Von Hettingen (Landgasthof Schwanen) fährt an diesem Abend um 18.30 Uhr ein Bus nach Inneringen (voraussichtliche Rückfahrt ca. 21.30 Uhr).

Es ist sicher richtig und wichtig, dass möglichst viele Einwohner beider Stadtteile zu dieser Bürgerversammlung kommen. Denn nur wer umfassen informiert ist, kann sich selbst eine Meinung bilden und die am 20. November im Rahmen einer öffentlichen Gemeinderatssitzung in der Laucherttalhalle anstehende Entscheidung einordnen - egal wie sie nun ausfällt.

Alle sind daher aufgerufen, diese sicher schwierigste Entscheidung seit der Gemeindereform mit Interesse und mit Augenmaß zu verfolgen.


Kommentar
von Reinhold Teufel

Es hat wohl so kommen müssen. Schon in den Diskussionen um die Frage, ob sich die Stadt Hettingen für das Modellprojekt "Bildungshaus 3-10" bewerben soll oder nicht, wurde offenkundig, wo der eigentliche Hund begraben liegt: Nämlich einerseits in der Frage, ob sich die Stadt zwei Grundschulstandorte leisten kann und/oder will, und andererseits die Frage, ob es pädagogisch überhaupt Sinn macht, Zwergenschulen mit langfristig 30 oder weniger Schüler am Leben zu erhalten.

Das Land macht es sich hier relativ einfach: Kultusminister Rau wird sich nicht die Blöße geben und die Schließung eines Schulstandortes per Dekret verfügen. Vielmehr lässt man die kleinen Schulen am langen Arm verhungern, reduziert die Lehrerdeputate und stellt damit die Gemeinden als Schulträger selbst vor die Entscheidung, ob dies noch sinnvoll ist. Der Ehrlichkeit halber muss aber auch gesagt werden, dass es sich das Land schlichtweg nicht leisten kann, in jeder noch so kleinen Schule das gleiche Deputatsangebot zu gewährleisten wie in größeren Einheiten.

Es wird also nichts bringen, jetzt in ein großes Gezeter gegen das Land einzustimmen. Und genauso wenig würde es bringen, die Entscheidung jetzt noch auf die lange Bank zu schieben und damit einen Streit zwischen den beiden Stadtteilen zu entfachen, der möglicherweise über Jahre hinweg Gräben aufreißen würde. Insofern ist die Entscheidung von Bürgermeister Stefan Bubeck und den Gemeinderäten richtig, nunmehr einen "Knopf" an die Sache zu machen, zumal das Land ja avisiert hat, dass die Stadt mit einem Standort doch noch in das Modellprojekt "Bildungshaus 3-10" hineinrutschen kann.

Jetzt ist es an der Zeit, die Fakten auf den Tisch zu legen und dann mit Augenmaß eine in die Zukunft gerichtete Entscheidung zu treffen.

Hier sind die Gemeinderäte sicherlich nicht zu beneiden. Ohne Frage erwarten Hettinger wie Inneringer, dass "ihre" gewählten Vertreter sich auch für den "eigenen" Standort aussprechen. In einer solchen Patt-Situation wäre der Bürgermeister das Zünglein an der Waage.

Aber besteht nicht auch die Hoffnung und Chance, dass sich auch der Gemeinderat mehrheitlich für einen der beiden Standorte entscheiden kann? Wenn es sich um eine nach objektiven Gesichtspunkten zu treffende Entscheidung handeln würde, müsste man meinen, dass dies möglich sein könnte.

Und unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet spricht sicherlich nicht wenig für einen Schulstandort Inneringen: Seien es die Schülerzahlen, die Bevölkerungsentwicklung, das vor Ort vorhandene Angebot an Wohnbauflächen, die ideale Konstellation der Nachbarschaft von Schule, Kindergarten und Albhalle und vieles mehr, nicht zuletzt auch die hervorragende Arbeit der hier tätigen Lehrer.

Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Inneringer Schulförderverein. Er kann und darf sich aber nicht als K.O.-Argument für den Standort Inneringen sehen, sondern auch und gerade als Garant für eine auch zukünftig weit über den gesetzlich vorgeschriebenen Bildungsplan hinausgehende Arbeit. Dass dies möglich ist, hat er - pars pro toto - schon unter Beweis gestellt, so dass bei allseitiger Akzeptanz und Unterstützung auch bei einem einheitlichen Schulstandort diese Aktivitäten nahtlos weitergeführt werden könn(t)en.

Schon allein aus diesem Grund darf es nicht zu einem Streit zwischen den Stadtteilen, zwischen den Eltern der Grundschüler kommen. Denn diese sollen und müssen auch künftig die Stütze des Vereins sein, ohne den das bisherige Niveau nur schwerlich beibehalten werden kann. Und darunter würden letztlich alle Grundschüler leiden.

Langer Rede kurze Sinn: Redet miteinander, nicht übereinander! Und versucht das beste aus der sicherlich nicht einfachen Situation zu machen.

 

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