Modellprojekt des Landes

Gemeinderat strebt neue Schulform an

Mit großer Mehrheit hat der Hettinger Gemeinderat dem Antrag zur Aufnahme in das Modellprojekt "Bildungshaus 3-10" zugestimmt. Die Stadt hofft, mit beiden Grundschulstandorten in dieses Förderprogramm des Landes aufgenommen zu werden.

Seit April 2005 befassen sich die Hettinger Räte mit der Frage, wie die Grundschulen in Hettingen und Inneringen trotz sinkender Schülerzahlen fit für die Zukunft gemacht werden können. Und wurde die Stadt anfangs nach Einschätzung von Bürgermeister Stefan Bubeck hierfür oftmals belächelt, so nimmt sie nunmehr ein weitem Umkreis eine Vorreiterrolle ein. Denn just zu dem Zeitpunkt, als die gebildeten Projektgruppen für Hettingen und Inneringen die Ergebnisse ihrer vorbereitenden Arbeiten präsentierten, legte das Land Baden-Württemberg ein Förderprogramm für genau jene Variante auf, dass die Stadt ins Auge gefasst hatte: Die Vernetzung von Kindergärten und Grundschulen.

Die große Zahl der Zuhörer in der Sitzung zeigte, dass dieses Thema insbesondere in Inneringen hohes Interesse genießt. Bubeck nutzte dieses große Auditorium, um die Ausgangssituation darzustellen: Beide Grundschulen werden mittelfristig unter die "magische" Zahl von 40 Schülern fallen, Hettingen bereits 2009 und Inneringen einige Jahre später. Zwar habe das Land bekräftigt, dass keine Grundschulen geschlossen werden sollen, allerdings dürfte dann die an den Schülerzahlen orientierte Zuteilung von Lehrerstunden so stark absinken, dass ein vernünftiger Unterricht für alle Jahrgangsstufen nur noch schwer möglich sein dürfte. In dieser Situation könnte die Vernetzung der Schulen mit den Kindergärten eine Möglichkeit bieten, die gefährdeten Schulstandorte zu sichern.

Grundvoraussetzung hierfür ist es aber, dass hierfür geeignete Strukturen geschaffen werden, die nicht nur die bauliche Situation betreffen, sondern insbesondere auch das schulische Umfeld. Unstrittig ist, dass am Standort Inneringen diese Strukturen schon nahezu ideal vorhanden sind: Beide Einrichtungen liegen unmittelbar nebeneinander und kooperieren schon seit Jahren mit guten Erfolgen, sowohl im musikalischen wie auch im sportlichen Bereich klappt die Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen bestens und ein sehr rühriger Schulförderverein unterstützt schulische und außerschulische Projekte. Auch seien die neuesten Entwicklungen im Grundschulbereich wie jahrgangsübergreifende Unterrichtsformen hier seit langem bewährte Praxis, während sie andernorts erst eingeführt werden. Insofern könnte man, wenn die Entscheidung des Landes rechtzeitig eingeht, auch schon im nächsten Schuljahr in das Projekt "Bildungshaus 3-10" einsteigen. Allerdings, so stellte Stadträtin Heike Teufel fest, sei das alles trotz der hierfür notwendigen Investitionen (der Kindergarten müsste ins Schulgebäude verlegt werden) auch in Hettingen möglich, "wenn man es tatsächlich auch will". Denn während sich die Inneringer Räte einmütig hinter das Projekt stellen, waren auf Hettinger Seite noch Vorbehalte zu erkennen. Wilfried Liener formulierte diese sehr deutlich und schlug daher auch vor, den seit zwei Jahren verfolgten Weg aufzugeben und für keinen der beiden Standorte einen entsprechenden Antrag zu stellen. Seiner Meinung nach würde die angestrebte Förderung des Landes, die pro Klasse drei zusätzliche Lehrerstunden bringen würde, die Gefahr einer Schulschließung nur hinauszögern. Bernhard Stauß äußerte seine Befürchtungen ebenfalls recht konkret: Was soll geschehen, wenn nur einer der beiden Standorte in das Modellprojekt aufgenommen wird?

Hans Kempf rief dazu auf, diese Chance für beide Schulen nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Dies sei der Gemeinderat nicht zuletzt den zahlreichen ehrenamtlich engagierten Bürgern schuldig. Sich jetzt schon den Kopf über Eventualfälle zu zerbrechen wäre daher falsch. Auch Bürgermeister Bubeck warb dafür, für beide Schulen einen entsprechenden Antrag zu stellen. Nachdem die Stadt konzeptionell gegenüber der "Konkurrenz" einen echten Vorteil habe, könne man durchaus selbstbewusst darauf hoffen, dass beide Standort Aufnahme finden. Sabine Rösch machte deutlich, dass zumindest von Inneringer Seite ein Ausstieg aus dem Konzept auf keinen Fall vertretbar wäre.

Während die übrigen Hettinger Räte sich nach intensiver Diskussion trotz gewisser Vorbehalte letztlich für die Antragsstellung aussprachen, blieb Wilfried Liener bei seiner Ablehnung. Er stellte sogar in Frage, ob die in Rede stehenden zusätzlichen Lehrerstunden tatsächlich den Schülern zu Gute kommen. Diese Befürchtung konnte allerdings der Inneringer Rektor Siegfried Haule entkräften, da das Modellprojekt eben ausschließlich die Verbesserung der schulischen Betreuung zum Inhalt habe.

Bei einer Gegenstimme wurden letztlich die Weichen in Richtung Antragstellung gestellt. Voraussichtlich Anfang Juli wird das Kultusministerium seine Entscheidung bekannt geben, dann werden die Hettinger Räte sehen, ob diese Perspektive für beide Schulen genutzt werden kann.



Kommentar:

Keine einfache Diskussion

Auf den ersten Blick scheint die Entscheidung einfach: Die Stadt Hettingen hat die Chance, über ein Modellprojekt des Landes für ihre beiden Grundschulen zusätzliche Lehrerstunden zu bekommen und den Bestand beider Einrichtungen damit auf absehbare Zeit zu sichern. Ganz so einfach war es für den Gemeinderat dann aber doch nicht: Während in Inneringen die notwendigen Strukturen vorhanden und die unverzichtbaren Akteure startbereit sind, muss in Hettingen hier noch nachgezogen werden. "Das ist möglich, wenn man es will" ist sich Heike Teufel sicher. Aber eben dieser Willen trat zumindest am Anfang der Diskussion nicht unbedingt deutlich zu Tage. Klar ist aber eines: Das Zusammengehen von Hettingen und Inneringen im Rahmen der Gemeindereform war weniger eine Liebesheirat als vielmehr das Ergebnis pragmatischer Überlegungen. Und trotz der nicht immer ernstzunehmenden Sticheleien, man hat sich aneinander gewöhnt und kooperiert inzwischen auch auf Vereinsebene. Die Schließung einer der beiden Schulen wäre hier aber eine Zerreißprobe, die unüberwindliche Gräben aufwerfen würde, egal welchen Stadtteil es treffen würde. Die Stadt ist also gut beraten, alles zu unternehmen um beide Standorte zu sichern. Und hier dürfte die beschlossene Antragstellung tatsächlich eine echte Chance sein. 

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